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Honorarberatung für Versicherungen: Anforderungen, Analyse, Entwicklung

Die Beratung auf Honorarbasis im Versicherungssektor bleibt trotz regulatorischer Unterstützung eine kleine Nische im deutschen Markt. Die geringe Verbreitung steht in starkem Widerspruch zu den theoretischen Vorteilen des Modells, bei dem Kunden durch spezielle Tarife bis zu 35 % jährlich sparen könnten. Die Umsetzung der IDD-Richtlinie hat die rechtlichen Grundlagen verschärft, indem sie eine klare Trennung zwischen Provisions- und Honorarberatung fordert.

 

Marktüberblick und aktuelle Entwicklungen

Der Fortschritt der Honorarberatung für Versicherungen zeigt ein ernüchterndes Bild der Marktverbreitung.

  1. Laut den neuesten Zahlen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (Stand: Oktober 2024) sind 102.833 gebundene Versicherungsvertreter und 46.666 Makler registriert, während nur 324 Berater ausschließlich auf Honorarbasis tätig sind. Diese Zahlen sind über die Jahre hinweg konstant geblieben oder haben sich sogar verschlechtert.
  2. Der Markt wird weiterhin von provisionsbasierten Modellen dominiert. Eine bemerkenswerte Entwicklung ist die Verschiebung von gebundenen Vertretern hin zu Maklermodellen, während die Honorarberatung stagniert.
  3. Im internationalen Kontext haben Länder wie die Niederlande und Großbritannien höhere Anteile der Honorarberatung erreicht, was auf spezifische strukturelle und kulturelle Unterschiede in Deutschland hindeutet.
  4. Regional gibt es erhebliche Unterschiede in der Verfügbarkeit von Honorarberatern; städtische Ballungsgebiete bieten mehr Berater, während ländliche Regionen nahezu unversorgt bleiben.

 

Regulatorische Rahmenbedingungen der IDD-Umsetzung

Die rechtlichen Strukturen für die Honorarberatung im Versicherungsbereich wurden durch die europäische IDD-Richtlinie, die im Februar 2018 in deutsches Recht überführt wurde, entscheidend geprägt. Diese Regelung schrieb eine deutliche Trennung zwischen Provisions- und Honorarberatung vor und machte Mischformen unzulässig. Die Umsetzung führte zur Einführung des Berufsbildes des Honorar-Versicherungsberaters, der keine Provisionen erhält und daher flexiblere Vergütungsmodelle anbieten kann. Die Zulassungsvoraussetzungen für Honorarberater sind strenger als für herkömmliche Vermittler. Branchenverbände äußerten Bedenken, dass die strikte Trennung die Flexibilität der Berater einschränken könnte.


Kostenstruktur und Honorarmodelle

Die Kosten der Honorarberatung variieren stark je nach Gebührenmodell, Versicherungsart und Aufwand. Kunden sollten mit Stundensätzen zwischen 100 und 250 Euro rechnen. Die Vielfalt der Honorarmodelle ermöglicht es, die Beratung flexibel auf die Bedürfnisse der Kunden anzupassen. Bei komplexen Beratungen können die Honorare vierstellige Beträge erreichen. Diese Kosten sind oft ein Hindernis für die Verbreitung der Honorarberatung, da sie im Gegensatz zu provisionsbasierten Modellen sofort und vollständig vom Kunden getragen werden müssen. Allerdings können bestimmte Honorare steuerlich abgesetzt werden, was die effektiven Kosten für einige Kunden senken kann.

 

Vorteile der Honorarberatung für Versicherungen

Die Honorarberatung bietet strukturelle Vorteile, die sich aus der Unabhängigkeit des Beraters von Provisionszahlungen und kostengünstigeren Produktstrukturen ergeben. Kunden profitieren von der Nutzung von Nettotarifen, die ohne Abschlusskosten kalkuliert sind, was zu erheblichen Einsparungen führen kann. Die Transparenz der Kostenstruktur ist ein weiterer Vorteil, da Verbraucher genau nachvollziehen können, welche Kosten anfallen. Die Flexibilität in der Vertragsgestaltung ist bei Nettotarifen oftmals höher, was Kunden bessere Kündigungsmöglichkeiten bietet. Die Qualität der Beratung verbessert sich durch die geänderten Anreize und die höheren Qualifikationsanforderungen für Honorarberater.

 

Nachteile und Limitierungen

Trotz ihrer Vorteile hat die Honorarberatung erhebliche praktische Einschränkungen, die ihre geringe Marktverbreitung erklären. Ein wesentlicher Nachteil ist die begrenzte Produktauswahl, da nicht alle Versicherer provisionsfreie Tarife anbieten. Die finanzielle Belastung zum Zeitpunkt der Beratung stellt für viele Verbraucher ein Hindernis dar. Für bestimmte Versicherungsarten ist die Honorarberatung ungeeignet oder unwirtschaftlich. Die geringe Bekanntheit des Modells in der breiten Bevölkerung ist ebenfalls ein Hindernis. Bei geringen Beitragssummen oder kurzen Vertragslaufzeiten kann die Honorarberatung unwirtschaftlich werden.

 

Hybride Geschäftsmodelle und Marktentwicklung

Die strikte Trennung zwischen Provisions- und Honorarberatung entspricht nicht vollständig den Bedürfnissen von Beratern und Kunden. Hybride Geschäftsmodelle, die beide Vergütungsformen situativ kombinieren, sind entstanden. Diese Ansätze ermöglichen eine flexible Anpassung an die jeweilige Situation des Kunden und der Versicherungsart.

 

Zukunftsperspektiven und Handlungsempfehlungen

Die Zukunft der Honorarberatung hängt davon ab, ob die strukturellen Hindernisse überwunden und die Vorteile des Modells besser kommuniziert werden können.

  1. Eine wesentliche Voraussetzung ist die Erweiterung des Angebots an Nettotarifen.
  2. Verbraucher benötigen eine bessere Aufklärung über die tatsächlichen Kosten der verschiedenen Beratungsmodelle.
  3. Regulierungen sollten weiterentwickelt werden, um die Qualität der Honorarberatung zu sichern.
  4. Die Digitalisierung bietet neue Möglichkeiten, um geografische Einschränkungen zu überwinden und die Honorarberatung auch in unterversorgten Regionen zugänglich zu machen.
  5. Auch wenn die Honorarberatung vermutlich nie die dominierende Form der Versicherungsberatung wird, kann sie als wichtige Alternative eine bedeutende Rolle spielen. Ihr Wert liegt in ihrem Beitrag zu mehr Transparenz und Qualität im Beratungsmarkt.