Die Wohn-Riester-Förderung, auch als Eigenheimrente bekannt, ist seit 2008 ein fester Bestandteil der deutschen Rentenvorsorge. Bis Ende 2023 wurden etwa 1,59 Millionen Verträge abgeschlossen, was ihre Bedeutung unterstreicht. Die Förderung wird jedoch wegen geringer durchschnittlicher Auszahlungen und ihrer komplexen, bürokratischen Struktur kritisiert. Befürworter betonen die staatlichen Zuschüsse und steuerlichen Vorteile, Kritiker bemängeln das "Bürokratiemonster" mit seinen umständlichen Regelungen und potenziellen Steuerlasten im Alter.
Definition und rechtliche Grundlagen des Wohn-Riester Systems
Das Wohn-Riester-System, eingeführt durch das Eigenheimrentengesetz von 2008 und erweitert 2013, ermöglicht es förderberechtigten Personen, ihre Riester-Förderung für den Kauf, Bau oder die Entschuldung von selbstgenutztem Wohneigentum zu nutzen.
- Mietfreies Wohnen im Alter wird als Altersvorsorge betrachtet, die staatliche Unterstützung erhält. Das System erlaubt auch die Nutzung der Mittel für altersgerechte Umbauten und seit 2024 für energetische Sanierungen, insbesondere klimafreundliche Heizsysteme.
- Im Gegensatz zur klassischen Riester-Rente, bei der das Kapital als monatliche Rente ausgezahlt wird, wird bei Wohn-Riester das Kapital schon während der Ansparphase für Immobilien verwendet, was zu spezifischen steuerlichen Regelungen führt, verwaltet über das Wohnförderkonto.
- Geförderte Immobilien müssen in der EU oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegen, was sowohl die sozialpolitischen Ziele Deutschlands unterstützt als auch die Mobilität innerhalb der EU ohne Verlust der Förderung ermöglicht.
Zielgruppe und Zugangsbedingungen zur Wohn-Riester Förderung
Die Zielgruppe des Wohn-Riester umfasst Riester-Förderberechtigte, die ihre Immobilie als Hauptwohnsitz selbst nutzen müssen. Neben Arbeitnehmern und Beamten können auch Arbeitslose und Erwerbsminderungsrentner von der Förderung profitieren. Ehepartner von Riester-Sparern sind mittelbar förderberechtigt und müssen nur einen Mindestbeitrag von 60 Euro jährlich leisten. Für Familien mit Kindern ist die Förderung besonders attraktiv, da sie von hohen Kinderzulagen profitieren. Die Förderung wirkt sozialpolitisch ambivalent, da sie sowohl Geringverdiener als auch Besserverdiener begünstigt, während mittlere Einkommen ohne Kinder weniger profitieren.
Funktionsweise und staatliche Förderung im Detail
Die Funktionsweise des Wohn-Riester-Systems basiert auf der flexiblen Verwendung angesparten Riester-Kapitals für wohnungswirtschaftliche Zwecke.
- Förderberechtigte können bis zu 75 Prozent oder sogar das gesamte angesparte Kapital aus bestehenden Riester-Verträgen für den Immobilienerwerb entnehmen. Diese Entnahme kann sowohl während der Ansparphase unmittelbar zum Erwerb als auch zu Beginn der Auszahlungsphase zur Entschuldung erfolgen, was erhebliche Flexibilität in der Lebensplanung ermöglicht.
- Die staatliche Förderung gliedert sich in direkte Zulagen und steuerliche Vorteile.
- Die Grundzulage beträgt seit 2008 jährlich 175 Euro
- Hinzu kommen Kinderzulagen in Höhe von 185 Euro für vor 2008 geborene und 300 Euro für ab 2008 geborene Kinder.
- Diese Zulagen fließen direkt in die Tilgung des Immobiliendarlehens, wenn ein Riester-Bausparvertrag verwendet wird, oder werden beim Wechsel von einem bestehenden Riester-Vertrag zum Wohn-Riester übertragen.
- Die steuerlichen Vorteile manifestieren sich durch den Sonderausgabenabzug von bis zu 2.100 Euro jährlich, abzüglich der erhaltenen Zulagen. Für Besserverdiener kann dieser Steuervorteil die Zulagenwirkung übersteigen, wodurch sie primär von der steuerlichen Komponente profitieren. Die Berechnung erfolgt automatisch durch das Finanzamt, das die günstigere Variante zwischen Zulage und Steuervorteil anwendet. Dieses System der "Günstigerprüfung" stellt sicher, dass jeder Steuerpflichtige optimal gefördert wird.
- Ein besonderes Feature von Riester-Verträgen ist die Möglichkeit, angespartes Guthaben samt Förderungen für Wohnzwecke umzuschalten, ohne Förderansprüche zu verlieren. Die Mindestentnahme beträgt 3.000 Euro.
- Neu ist auch, dass man Riester-Zulagen komplett zur Tilgung von Darlehen nutzen kann, was zu erheblichen Zinsersparnissen führen und die Laufzeit verkürzen kann.
- Wohn-Riester wird durch Zulagen, Steuervorteile und Zinsersparnisse zu einem attraktiven Finanzierungsinstrument.
Kosten und Gebührenstruktur des Wohn-Riester Systems
Die Kostenstruktur des Wohn-Riester-Systems ist komplex und wird kritisiert.
- Wie bei anderen Riester-Produkten fallen Abschluss- und Verwaltungsgebühren sowie spezifische Kosten an. Bei Bausparverträgen gibt es zusätzliche Gebühren.
- Die Förderung wird durch diese Kosten geschmälert.
- Anbieter berechnen Kosten unterschiedlich und intransparent, was den Vergleich erschwert.
- Verbraucher verstehen oft nicht die wahren Kosten ihrer Verträge.
- Kosten auf die Förderung bedeuten, dass Fördergelder teilweise für Provisionen und Verwaltung genutzt werden, was die Effizienz der Altersvorsorge mindert.
- Bei durchschnittlichen Riester-Versicherungen geht fast ein Viertel der Beiträge für Kosten drauf.
- Die Verpflichtung zu einem Mindestbeitrag von 4% des Bruttoeinkommens kann besonders für Familien mit mittleren Einkommen zu einer Belastung werden.
- Das Wohnförderkonto führt mit seinen Verwaltungskosten und der jährlichen Verzinsung zu weiteren Kosten und einer steigenden Steuerlast in der Zukunft.
Kritische Betrachtung aus Verbraucherschutz-Perspektive
Verbraucherschutzorganisationen kritisieren das Wohn-Riester-System scharf.
- Die Riester-Rente sei nach zwanzig Jahren der Reformen nicht mehr reformierbar und sollte abgeschafft werden, da hohe Kosten und geringe Renditen nicht gelöst wurden.
- Die steuerliche Belastung im Alter durch das Wohnförderkonto und strenge Selbstnutzungspflichten werden als problematisch angesehen.
- Zudem könnte die Absenkung der Garantien bei Riester-Rentenversicherungen die Situation für Verbraucher verschlechtern.
- Die geringen Auszahlungsbeträge bestätigen die Kritik am ineffizienten System.
Vorteile des Wohn-Riester Systems
Trotz der umfassenden Kritik bietet das Wohn-Riester-System durchaus substanzielle Vorteile für bestimmte Zielgruppen.
- Der Hauptvorteil der staatlichen Riester-Förderung für den Immobilienkauf ist die direkte finanzielle Unterstützung, die mehrere tausend Euro jährlich betragen kann.
- Familien mit Kindern erhalten zusätzliche Zulagen für die Darlehenstilgung.
- Die Flexibilität der Kapitalverwendung ermöglicht es, bereits angespartes Kapital zu nutzen oder neue Verträge für die Immobilienfinanzierung abzuschließen.
- Zinsersparnisse durch verkürzte Darlehenslaufzeiten können beträchtlich sein und die Gesamtzinsbelastung reduzieren.
- Riester-Kapital kann als Eigenkapital-Ersatz dienen und zu besseren Kreditkonditionen führen.
- Für Besserverdiener können die Steuervorteile der Riester-Förderung besonders attraktiv sein, da sie von hohen Zulagen und Steuervorteilen profitieren können.
- Seit 2024 können Eigenheimbesitzer Riester-Kapital auch für energetische Sanierungen nutzen, was den praktischen Nutzen und die Attraktivität der Förderung erhöht.
Nachteile und Risiken des Wohn-Riester Systems
Das Wohn-Riester-System hat mehrere Nachteile, die Flexibilität und finanzielle Effizienz betreffen.
- Die Selbstnutzungspflicht bindet Eigentümer bis zum 85. Lebensjahr und kann bei Lebensänderungen finanzielle Verluste verursachen.
- Ein Wohnförderkonto führt über lange Zeiträume zu hohen Steuerschulden.
- Hohe Transaktionskosten und bürokratische Anforderungen machen das System komplex.
- Zinsrisiken bei Riester-Darlehen können zu Mehrkosten führen, und die Vererbbarkeit der Förderung ist eingeschränkt und kann Erben belasten.
- Zudem schränkt die mangelnde Portabilität der Förderung berufliche und private Mobilität ein.
Alternativen zur Wohn-Riester Förderung
Bei der Immobilienfinanzierung wird nach Alternativen zur Wohn-Riester-Förderung gesucht.
- Eine Möglichkeit ist die klassische Baufinanzierung ohne staatliche Zuschüsse, die meist klarer und anpassungsfähiger ist. Kreditvermittler wie Interhyp, Baufi24 oder Dr. Klein bieten Vergleiche von Zinskonditionen an und können oft bessere Konditionen bieten als Darlehen mit Wohn-Riester-Förderung. Diese Alternativen bieten keine staatlichen Zulagen, ermöglichen jedoch eine größere Flexibilität bei der Nutzung der Immobilie und vermeiden komplexe steuerliche Aspekte, die mit dem Wohnförderkonto verbunden sind.
- Die KfW-Förderung bietet attraktive Bedingungen für energetische Sanierungen und den Abbau von Barrieren, mit Vorteilen wie niedrigen Zinssätzen und Tilgungszuschüssen. Im Vergleich zu Wohn-Riester hat die KfW-Förderung oft bessere Konditionen, darf jedoch nicht gleichzeitig mit dem Programm "Altersgerecht Umbauen" in Anspruch genommen werden. Die KfW-Programme sind zudem flexibler in der Immobiliennutzung, da sie ohne langfristige Selbstnutzungsverpflichtungen auskommen.
- Die Bildung von Eigenkapital durch Fondssparpläne oder Banksparpläne ist eine gute Möglichkeit, Geld für Immobilien zu sparen. Diese Methode ist flexibel, da man sich während des Sparens noch nicht auf eine bestimmte Immobilie festlegen muss und verschiedene Optionen offen bleiben. Zwar entfallen die staatlichen Zulagen, jedoch können die niedrigeren Kosten und höheren Renditeerwartungen diesen Nachteil kompensieren.
- Die betriebliche Altersvorsorge ist oft eine gute Wahl, besonders wenn der Arbeitgeber hohe Zuschüsse gibt. Durch Entgeltumwandlung lässt sich Geld für das Alter steuer- und sozialabgabenfrei ansparen. Dieses Kapital ist flexibler einsetzbar als das von Wohn-Riester. Zudem haben moderne betriebliche Altersvorsorgeprodukte oft eine höhere Rendite und niedrigere Kosten als Riester-Produkte.
Empfehlungen und Fazit
Das Wohn-Riester-System ist besonders für Familien mit Kindern vorteilhaft, da sie von hohen Zulagen profitieren können. Gutverdiener ohne Kinder sollten das System hingegen kritisch betrachten und steuerliche Vorteile gegenüber den Nachteilen abwägen. Für Personen mit unsicherer Lebensplanung ist Wohn-Riester nicht geeignet, da das System wenig Flexibilität bietet. Bestehende Verträge sollten regelmäßig überprüft und bei Änderungen der Lebensumstände sollte professionelle Beratung eingeholt werden. Auf politischer Ebene wird Reformbedarf aufgrund statistischer Daten und Verbraucherkritik deutlich. Wohn-Riester ist also für manche Zielgruppen sinnvoll, aber es besteht dringender Bedarf für eine umfassende Reform. Verbraucher sollten sich unabhängig beraten lassen und politische Entwicklungen beobachten, bevor sie eine Entscheidung treffen.