Risiko-Sachversicherungen

Elementarschadenversicherung: Umfassender Schutz gegen Naturkatastrophen

Die Elementarschadenversicherung gewinnt in Deutschland zunehmend an Bedeutung, da extreme Wetterereignisse häufiger auftreten und erhebliche Schäden verursachen. Aktuell sind nur etwa 52 Prozent aller Gebäude gegen Elementarschäden versichert, während Politik und Versicherungswirtschaft intensiv über die Einführung einer Pflichtversicherung diskutieren. Die Schadensbilanz von 2024 mit versicherten Schäden von 5,7 Milliarden Euro durch Wetterextreme unterstreicht die Dringlichkeit des Themas (Quelle: GDV Naturgefahrenstatistik 2024, 15.01.2025). Besonders bemerkenswert sind die regionalen Unterschiede in der Versicherungsdichte, die von 94 Prozent in Baden-Württemberg bis zu nur 33 Prozent in Bremen reichen.

 

Was ist eine Elementarschadenversicherung und welche Schäden sind versichert?

Die Elementarschadenversicherung stellt eine spezielle Ergänzung zur Wohngebäude- oder Hausratversicherung dar und schützt vor den finanziellen Folgen von Naturkatastrophen. Diese Versicherung deckt verschiedene Arten von Naturgefahren ab, die in der herkömmlichen Gebäude- oder Hausratversicherung nicht enthalten sind.

Versicherte Naturgefahren im Detail

Der Versicherungsschutz der Elementarschadenversicherung erstreckt sich auf folgende Naturereignisse:

  1. Überschwemmungen bilden den wichtigsten Baustein des Versicherungsschutzes. Hierzu zählen sowohl Schäden durch Flusshochwasser als auch durch Starkregen verursachte Überschwemmungen. Entscheidend ist, dass das Wasser oberirdisch steht oder fließt, bevor es Schäden verursacht. Auch Grundwasser ist versichert, sofern es infolge einer Überschwemmung an die Erdoberfläche steigt und dann in das Gebäude eindringt.
  2. Rückstau liegt vor, wenn Wasser aus den Ableitungsrohren des Gebäudes durch Regen oder Überschwemmung in das Haus gelangt. Allerdings können Rückstauschutzschäden ausgeschlossen sein, wenn keine funktionstüchtige Rückstausicherung vorhanden ist.
  3. Erdrutsche und Erdsenkungen sind versichert, jedoch nur wenn sie natürlichen Ursprungs sind. Schäden durch menschlichen Einfluss, wie etwa durch Bergbau verursachte Erdsenkungen, fallen nicht unter den Versicherungsschutz.
  4. Lawinen umfassen an Berghängen niedergehende Schnee- oder Eismassen.
  5. Schneedruck liegt vor, wenn das Dach durch das Gewicht des Schnees einstürzt. Nicht versichert sind hingegen Schäden durch von Bäumen fallenden Schnee.
  6. Erdbeben und Vulkanausbrüche runden das Spektrum der versicherten Naturgefahren ab, wobei diese in Deutschland seltener auftreten.

 

Leistungsumfang und Kostenübernahme

Die Elementarschadenversicherung übernimmt verschiedene Kostenarten bei eingetretenen Schäden:

  • Wiederaufbaukosten für beschädigte oder zerstörte Gebäudeteile
  • Reparaturkosten für reparable Schäden
  • Sachverständigenkosten für die Schadensermittlung
  • Aufräum- und Abbruchkosten
  • Hotelkosten bei vorübergehender Unbewohnbarkeit der Wohnung

Die Versicherung zahlt grundsätzlich den Zeitwert oder Neuwert der beschädigten Gegenstände, abhängig von der gewählten Versicherungsart. Bei der Wohngebäudeversicherung wird meist der Neuwert ersetzt, bei der Hausratversicherung kann zwischen Zeit- und Neuwertversicherung gewählt werden.

 

Warum ist eine Elementarschadenversicherung unverzichtbar?

Die Bedeutung der Elementarschadenversicherung wird durch die dramatische Zunahme von Extremwetterereignissen und deren finanziellen Folgen unterstrichen. Die Schadenstatistik des Jahres 2024 zeigt versicherte Schäden durch Wetterextreme in Höhe von 5,7 Milliarden Euro, wobei allein Starkregenereignisse und Überschwemmungen mit 2,6 Milliarden Euro zu Buche schlugen.

Klimawandel verstärkt Extremwetterereignisse
Der Klimawandel führt zu einer erheblichen Verstärkung sowohl der Häufigkeit als auch der Intensität von Extremwetterereignissen. Die höchsten Schäden verzeichneten 2024 die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg mit jeweils rund 1,6 Milliarden Euro, hauptsächlich verursacht durch das schwere Juni-Hochwasser. Diese regionalen Schadensschwerpunkte zeigen, dass Elementargefahren nicht mehr nur traditionelle Hochwassergebiete betreffen, sondern prinzipiell jeden Standort treffen können. Wissenschaftliche Prognosen gehen davon aus, dass sich dieser Trend weiter verstärken wird. Starkregenereignisse können mittlerweile überall in Deutschland auftreten, unabhängig von der Nähe zu größeren Gewässern. Selbst Gebiete, die bisher als sicher galten, sind zunehmend von Überschwemmungen durch Starkregen betroffen.

Existenzbedrohende finanzielle Risiken
Die finanziellen Risiken für nicht versicherte Immobilieneigentümer sind beträchtlich.

  1. Das Hochwasser im Ahrtal im Juli 2021 verdeutlichte das Ausmaß möglicher Schäden drastisch. Die Schadenssumme allein für diese Region wurde auf rund 18 Milliarden Euro beziffert, wobei der Bundestag einen Wiederaufbaufonds von 30 Milliarden Euro bereitstellen musste. 
  2. Eine Elementarschadenversicherung kostet häufig weniger als die Kasko-Versicherung für einen PKW, obwohl bei vielen Menschen die eigene Wohnimmobilie den wertvollsten Vermögensgegenstand darstellt. Der Verlust einer unversicherten Immobilie kann den finanziellen Ruin bedeuten, während die jährlichen Versicherungsprämien im Verhältnis dazu moderat ausfallen.
  3. Staatliche Hilfen werden nur geleistet, soweit Schäden nicht durch Versicherungen abgedeckt sind. Dies unterstreicht die Bedeutung einer angemessenen Versicherungsvorsorge nicht nur für den einzelnen Eigentümer, sondern auch für die Entlastung der öffentlichen Haushalte.

Gesellschaftliche Dimension und Solidarität
Die geringe Versicherungsdichte von nur etwa 52 Prozent aller Gebäude bedeutet, dass 10,4 Millionen der insgesamt 19,3 Millionen Wohngebäude in Deutschland nicht gegen Elementarschäden versichert sind. Diese niedrigen Versicherungsquoten führen dazu, dass bei Großschadensereignissen regelmäßig staatliche Hilfen erforderlich werden. Das Solidaritätsprinzip funktioniert in der Versicherung nur dann optimal, wenn eine ausreichend große und repräsentative Risikogemeinschaft besteht. Die aktuell niedrige Versicherungsdichte führt zu einer ungünstigen Risikoselektion, bei der sich überdurchschnittlich viele risikobewusste Eigentümer in hochwassergefährdeten Gebieten versichern, während risikoarme Standorte unterrepräsentiert sind.

 

Kosten und Risikozonen der Elementarschadenversicherung

Die Kosten einer Elementarschadenversicherung orientieren sich maßgeblich an der Gefährdungsklasse des jeweiligen Gebäudes, die durch das Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS) ermittelt wird. Dieses System teilt Grundstücke in vier unterschiedliche Gefährdungsklassen ein.

Das ZÜRS-Zonierungssystem im Detail

  • Gefährdungsklasse 1 umfasst Gebiete mit sehr geringer Gefährdung, in denen Hochwasser seltener als einmal in 200 Jahren auftritt. In diese niedrigste Risikoklasse fallen mehr als 90 Prozent aller Adressen in Deutschland. Die Versicherungsprämien sind hier am günstigsten.

  • Gefährdungsklasse 2 kennzeichnet Gebiete mit geringer Gefährdung, in denen Hochwasser einmal in 100 bis 200 Jahren auftritt. Etwa sechs Prozent aller Immobilien werden dieser Kategorie zugeordnet, wobei auch von Deichen geschützte Objekte einbezogen sind.

  • Gefährdungsklasse 3 erfasst mittlere Gefährdungslagen mit Hochwasserereignissen einmal in 10 bis 100 Jahren und umfasst etwa ein Prozent aller Häuser. Die Prämien steigen hier deutlich an.

  • Gefährdungsklasse 4 kennzeichnet Gebiete mit hoher Gefährdung, in denen Hochwasser mindestens einmal in zehn Jahren auftritt. Lediglich 0,4 Prozent aller Adressen fallen in diese höchste Risikoklasse, wobei Versicherungsschutz oft nur mit hohen Selbstbehalten oder gar nicht erhältlich ist.

Konkrete Kostenbeispiele nach Risikozonen
Die Prämien für Elementarschadenversicherungen variieren erheblich je nach Gefährdungsklasse:

  1. Niedrige Risikozonen (ZÜRS 1)
    Für ein Einfamilienhaus bewegen sich die Prämien typischerweise zwischen 400 und 800 Euro pro Jahr. In den sichersten Gebieten sind Versicherungen bereits für weniger als 100 Euro jährlich erhältlich.

  2. Mittlere Risikozonen (ZÜRS 2-3)
    Bei mittlerem Hochwasserrisiko steigen die Kosten auf 600 bis 1.000 Euro jährlich für ein Einfamilienhaus.

  3. Hohe Risikozonen (ZÜRS 4)
    In hochwassergefährdeten Gebieten können die Prämien deutlich höher ausfallen und sich auf 1.500 bis 3.000 Euro pro Jahr belaufen. In der höchsten Gefährdungsklasse können sogar Prämien von mehreren tausend Euro pro Jahr anfallen, oft verbunden mit hohen Selbstbehalten von 10.000 Euro oder mehr.

Hinweis Hausratversicherung:
Die Elementarschadenversicherung als Zusatz zur Hausratversicherung kostet typischerweise zwischen 100 und 500 Euro pro Jahr, abhängig von der Lage, dem Wert des Hausrats und der Risikoeinstufung des Wohnorts.

Faktoren der Prämienkalkulation
Die Prämienkalkulation berücksichtigt nicht nur das Hochwasserrisiko, sondern auch andere Faktoren:

  • Gebäudewert und Bauweise: Massive Bauweise kann zu niedrigeren Prämien führen
  • Gewählter Selbstbehalt: Höhere Selbstbehalte reduzieren die Prämie
  • Präventionsmaßnahmen: Rückstausicherungen oder Hochwasserschutz können Rabatte bewirken
  • Regionale Schadenserfahrung: Häufige Schäden in der Region erhöhen die Prämien

 

Bedingungen, Ausschlüsse und wichtige Vertragsdetails

Die Bedingungen und Ausschlüsse in der Elementarschadenversicherung sind komplex und für Versicherungsnehmer von entscheidender Bedeutung. Ein grundlegender Ausschluss betrifft vorsätzlich herbeigeführte Schäden, was eine Standardklausel in allen Versicherungsverträgen darstellt.

Grundwasserproblematik und Beweislast
Eine der komplexesten Ausschlussregelungen betrifft Grundwasserschäden. Schäden durch Grundwasser sind grundsätzlich nicht versichert, wenn das Wasser unterirdisch ins Gebäude eindringt. Versicherungsschutz besteht hingegen, wenn sich Grundwasser mit Oberflächenwasser vermischt und diese Wassermassen gemeinsam Schäden verursachen. Die Beweislast liegt dabei grundsätzlich beim Versicherungsnehmer, der nachweisen muss, dass der Schaden durch versichertes Oberflächenwasser und nicht durch nicht versichertes Grundwasser entstanden ist. Bei gemischten Schadensursachen kann dies zu langwierigen Auseinandersetzungen führen.

Obliegenheiten und Präventionsklauseln
Versicherungsnehmer haben bestimmte Obliegenheiten zu erfüllen:

  1. Grundlegende Sorgfaltspflichten: Fenster und Türen müssen ordnungsgemäß geschlossen gehalten werden. Es darf dem Wetter nicht unnötig einfach gemacht werden, ins Haus zu gelangen.
  2. Rückstausicherung: Bei Rückstauschäden kann der Versicherungsschutz entfallen, wenn keine funktionstüchtige Rückstausicherung vorhanden ist. Diese muss regelmäßig gewartet und funktionstüchtig gehalten werden.
  3. Schadenminderung: Im Schadensfall müssen alle zumutbaren Maßnahmen zur Schadenminderung ergriffen werden.

Weitere wichtige Ausschlüsse

  1. Sturmfluten sind in der Regel vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Allerdings gibt es vereinzelt Versicherer, die auch dieses Risiko abdecken.
  2. Kriegs- und Terrorschäden: Generell ausgeschlossen sind Schäden durch Krieg, innere Unruhen oder Kernenergie. Diese Ausschlüsse entsprechen internationalen Standards in der Versicherungsbranche.
  3. Menschlich verursachte Erdsenkungen: Bei Erdbeben, Erdsenkungen und Erdrutschen besteht Versicherungsschutz nur für naturbedingte Ereignisse. Schäden durch menschlichen Einfluss, wie etwa durch Bergbau oder Bautätigkeiten verursachte Erdsenkungen, sind nicht versichert.

Wartezeiten und Karenzfristen
Viele Versicherungen sehen Wartezeiten vor, während derer noch kein vollständiger Versicherungsschutz besteht. Typische Wartezeiten betragen:

  • Ein Monat bei Starkregen und Rückstau
  • Drei Monate bei Hochwasser
  • Sechs Monate bei Erdrutsch und Erdsenkung

Diese Wartezeiten sollen verhindern, dass Versicherungsschutz erst bei akuter Gefährdung abgeschlossen wird.

 

Regionale Unterschiede in Deutschland

In Deutschland gibt es starke regionale Unterschiede bei der Elementarschadenversicherung. Baden-Württemberg hat mit 94 Prozent eine besonders hohe Versicherungsquote durch eine ehemalige Versicherungspflicht von 1961 bis 1993. Die Versicherungsdichten nach Bundesländern variieren stark. Überdurchschnittliche Quoten finden sich in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Mittlere Quoten gibt es in Berlin, Saarland, Bayern, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Unterdurchschnittlich sind die Quoten in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen.

Positive Entwicklungstrends
In fast allen deutschen Bundesländern hat sich die Versicherungsdichte erhöht. Besonders starke Zuwächse gab es im Saarland mit einer Verdopplung der Versicherungsdichte, sowie in Hamburg, Hessen und Schleswig-Holstein mit jeweils 18 Prozentpunkten. Nordrhein-Westfalen steigerte sich um 17 Prozentpunkte, Rheinland-Pfalz um 16 und Bayern sowie Niedersachsen um jeweils 15 Prozentpunkte. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass das Bewusstsein für Elementarrisiken steigt und mehr Eigentümer Vorsorgemaßnahmen treffen.

 

Zukünftige Entwicklungen und politische Reformpläne

Die deutsche Politik plant eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden in der Wohngebäudeversicherung. Das Modell beinhaltet zunächst eine automatische Versicherung mit der Möglichkeit, sich aktiv dagegen zu entscheiden (Opt-out). Zusätzlich ist die Einführung einer staatlichen Rückversicherung geplant, ähnlich dem britischen Flood Re-System. Die Versicherungswirtschaft schlägt einen flächendeckenden Schutz mit Opt-out-Option, Präventionsmaßnahmen und einem Partnerschaftssystem für Extremrisiken vor. Die Einführung einer bundesweiten Pflichtversicherung wird vom Bundesrat befürwortet und von Justizministern der Länder als verfassungskonform bewertet, vor allem mit Selbstbehalten.

 

Präventionsmaßnahmen und Risikomanagement

Präventionsmaßnahmen in der Elementarschadenversicherung umfassen mehr als nur Schadensabwehr, indem sie risikobewusstes Verhalten fördern. Geplante Reformen sehen Baustopps in Überschwemmungsgebieten und einen Naturgefahrenausweis für Transparenz vor. Für bestehende Gebäude sind regelmäßige Wartung von Rückstausicherungen, Abdichtung von Kellerfenstern, Errichtung mobiler Schutzwände und das Anheben von Heizungen wichtig. Flächenentsiegelung kann Überschwemmungsrisiken reduzieren. Technische Schutzmaßnahmen beinhalten automatische Absperrventile, Wassersensoren und Pumpsysteme sowie Frühwarnsysteme. Förderprogramme und Prämienrabatte unterstützen präventive Maßnahmen wie die Installation von Rückstausicherungen und das Anheben von Heizungsanlagen.

 

Fazit und Ausblick

Die Elementarschadenversicherung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Durch die Zunahme von Extremwetterereignissen reicht die freiwillige Versicherung nicht mehr aus. Mit einer Versicherungsdichte von 52 Prozent sind viele Gebäude ungeschützt, was zu großen regionalen Unterschieden führt. Reformen der Regierung könnten durch eine Opt-out-Lösung und staatliche Rückversicherung die Lage verbessern. Die Versicherungswirtschaft schlägt ein dreistufiges Konzept vor, das Versicherungsschutz, Prävention und Partnerschaften für Extremrisiken kombiniert. Erfahrungen aus dem britischen Flood Re-System zeigen, dass öffentlich-private Partnerschaften wirksam sein können. Angesichts des Klimawandels wird eine solidarische Versicherungslösung, die individuelle Risiken und gesellschaftliche Verantwortung vereint, immer wichtiger. Die Elementarschadenversicherung entwickelt sich zu einem essenziellen Teil der Vorsorge für Immobilienbesitzer.