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Erben ohne Testament: Gesetzliche Erbfolge in Deutschland

In Deutschland tritt bei Todesfällen ohne Testament die gesetzliche Erbfolge in Kraft, weil etwa 70% der Deutschen kein Testament erstellen. Jährlich sterben 950.000 Menschen, die meisten ohne letztwillige Verfügung. Die gesetzlichen Erbregelungen entsprechen oft nicht den Wünschen des Verstorbenen und können zu unerwarteten Ergebnissen für die Angehörigen führen, besonders wenn keine direkten Verwandten existieren.

 

Die gesetzliche Erbfolge in Deutschland

Das deutsche Erbrecht gliedert die gesetzlichen Erben in verschiedene Ordnungen, die hierarchisch aufgebaut sind. Diese Systematik beim Erben ohne Testament Deutschland folgt dem Prinzip, dass nähere Verwandte fernere ausschließen.

Grundprinzipien und Ordnungen

  • Erben 1. Ordnung sind direkte Nachkommen wie Kinder und Enkel des Verstorbenen, die bevorzugt erben. 
  • Erben 2. Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Nachkommen. 
  • Erben 3. Ordnung umfassen Großeltern und deren Abkömmlinge. 
  • Erben 4. Ordnung beziehen sich auf Urgroßeltern und ihre Nachkommen. 
  • Jede Ordnung erbt nur, wenn die vorherige nicht vorhanden ist.

 

Besonderheiten bei der Erbfolge innerhalb der Ordnungen

Innerhalb einer Erbordnung erben nähere Verwandte vor entfernteren. Wenn ein Kind des Erblassers verstorben ist, treten dessen Kinder (Enkel) an seine Stelle und erben seinen Anteil. Das Stammesprinzip teilt das Erbe gleichmäßig zwischen den Stämmen auf, unabhängig von der Anzahl der Nachkommen in jedem Stamm.

Gesetzliches Erbrecht des überlebenden Ehegatten

Der überlebende Ehepartner hat in Deutschland ohne Testament eine bevorzugte Position im Erbrecht. Er erbt zusätzlich zu den Verwandten und wird nicht nach dem Ordnungssystem ausgeschlossen. Die Höhe des Erbanteils des überlebenden Ehegatten richtet sich nach den noch lebenden Verwandten und dem während der Ehe gültigen Güterstand.

Bei Zugewinngemeinschaft (der gesetzliche Güterstand) erhält der überlebende Ehegatte:

  • 1/2 des Nachlasses, wenn Kinder oder Enkelkinder vorhanden sind
  • 3/4 des Nachlasses, wenn nur Erben 2. Ordnung (Eltern, Geschwister) vorhanden sind
  • Den gesamten Nachlass, wenn keine Erben 1. oder 2. Ordnung existieren

Bei Gütertrennung beträgt der Erbteil:

  • 1/4 neben einem Kind, bei mehreren Kindern mindestens 1/4, höchstens jedoch gleichviel wie jedes Kind
  • 1/2 neben Erben 2. Ordnung
  • Den gesamten Nachlass ohne Erben 1. oder 2. Ordnung

 

Eingetragene Lebenspartnerschaft

Seit dem Lebenspartnerschaftsgesetz sind eingetragene Lebenspartner beim Erben ohne Testament Deutschland den Ehegatten vollständig gleichgestellt. Sie haben dieselben Erbrechte und unterliegen denselben Regelungen wie verheiratete Paare.

 

Nichteheliche Lebensgemeinschaften

Unverheiratete Partner haben dagegen kein gesetzliches Erbrecht. Auch bei jahrzehntelanger Partnerschaft und gemeinsamen Kindern erbt der überlebende Partner ohne Testament nichts. Dies ist einer der häufigsten und folgenreichsten Irrtümer beim gesetzlichen Erbrecht.

 

Erbrecht der Kinder und Abkömmlinge

Alle Kinder des Erblassers sind beim Erben ohne Testament Deutschland gleichberechtigt, unabhängig davon, ob sie ehelich, nichtehelich oder adoptiert sind. Jedes Kind erhält grundsätzlich den gleichen Erbteil. 
Beispiel: Hinterlässt ein Witwer drei Kinder, erbt jedes Kind 1/3 des Nachlasses.

Repräsentationsrecht der Enkelkinder
Ist ein Kind bereits vor dem Erblasser verstorben, treten dessen Kinder an seine Stelle. Sie teilen sich gemeinsam den Erbteil, der ihrem verstorbenen Elternteil zugestanden hätte.
Beispiel: Ein Erblasser hat zwei Kinder. Kind A lebt noch, Kind B ist bereits verstorben und hat zwei eigene Kinder hinterlassen. Kind A erbt 1/2, die beiden Enkelkinder erben gemeinsam die andere Hälfte (jeweils 1/4).

Besonderheiten bei Adoption
Adoptierte Kinder sind leiblichen Kindern beim Erben ohne Testament Deutschland vollständig gleichgestellt. Sie haben dasselbe Erbrecht wie leibliche Kinder und erben nicht von ihren leiblichen Eltern, es sei denn, es handelt sich um eine Stiefkindadoption.

 

Verwandtenerbrecht: Wenn keine direkten Abkömmlinge vorhanden sind

Sind keine Kinder oder Enkelkinder vorhanden, kommen die Erben 2. Ordnung zum Zug. Leben beide Elternteile noch, erben sie gemeinsam neben dem überlebenden Ehegatten.

  • Erbquoten bei Zugewinngemeinschaft:  
    Überlebender Ehegatte: 3/4, Beide Eltern zusammen: 1/4 (jeweils 1/8)
    Ist ein Elternteil bereits verstorben, tritt das Repräsentationsrecht ein. Die Geschwister des Erblassers erben dann den Anteil des verstorbenen Elternteils.
  • Geschwistererbrecht:
     
    Geschwister erben nur, wenn mindestens ein Elternteil bereits verstorben ist. Sie teilen sich den Erbteil des verstorbenen Elternteils zu gleichen Teilen. Vollbürtige Geschwister sind halbbürtigen gleichgestellt, wenn sie von demselben verstorbenen Elternteil abstammen.
  • Erben 3. und 4. Ordnung
    Die Großeltern und deren Abkömmlinge (3. Ordnung) sowie Urgroßeltern und deren Nachkommen (4. Ordnung) kommen nur zum Zug, wenn keine näheren Verwandten vorhanden sind. In der Praxis sind diese Konstellationen beim Erben ohne Testament Deutschland selten relevant.

 

Die Erbmasse: Was gehört zum Nachlass?

  1. Zum Nachlass zählen alle Vermögenswerte und Schulden des Verstorbenen. Dazu gehören Immobilien, finanzielle Werte wie Bankguthaben und Aktien, bewegliche Sachen wie Fahrzeuge und Schmuck, sowie immaterielle Werte wie Patente.
  2. Die Erben übernehmen auch Schulden, darunter Kredite und Steuerschulden.

 

Ausnahmen von der Erbmasse

Bestimmte Vermögenswerte sind von der Erbmasse ausgenommen.

  1. Lebensversicherungen mit festgelegten Bezugsberechtigten werden direkt an diese ausgezahlt und gehören nicht zum Nachlass.
  2. Höchstpersönliche Rechte wie Nießbrauchsrechte erlöschen mit dem Tod und sind nicht vererbbar.
  3. In einer Zugewinngemeinschaft fällt nur das Eigenvermögen des Verstorbenen in die Erbmasse, nicht das gemeinsame Vermögen der Ehepartner.

 

Was passiert ohne erbberechtigte Verwandte?

  1. Wenn keine gesetzlichen Erben vorhanden sind, fällt das Vermögen an den Staat.
  2. Die Behörden suchen intensiv nach möglichen Erben, bevor das Vermögen dem Staat zufällt. Diese Suche kann Jahre dauern und beinhaltet das Durchsuchen von Registern, Befragungen und öffentliche Aufrufe.
  3. Erbenansprüche verjähren drei Jahre nach Kenntnis des Erbfalls.

 

Die häufigsten Irrtümer beim gesetzlichen Erbrecht

Die größten Missverständnisse im deutschen Erbrecht betreffen den Erbteil des Ehepartners, die Rechte nichtehelicher Partner und Stiefkinder, die Ablehnung von Schulden und die Teilung von Gemeinschaftskonten.

  • Irrtum 1: Der Ehegatte erbt alles
    Ein verbreiteter Irrtum ist, dass der Ehegatte ohne Testament alles erbt. Tatsächlich erbt er nur einen Teil, während auch Kinder oder andere Verwandte Anspruch haben. Bei Kindern bekommt der Ehegatte in der Zugewinngemeinschaft nur die Hälfte des Nachlasses.

  • Irrtum 2: Nichteheliche Partner haben Erbrechte
    Viele unverheiratete Partner in Deutschland glauben irrtümlich, sie hätten automatische Erbrechte aufgrund einer langen Beziehung oder gemeinsamer Kinder. In Wirklichkeit gibt es ohne Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft keine gesetzlichen Erbansprüche.

  • Irrtum 3: Stiefkinder erben automatisch
    Stiefkinder erben ohne eine Adoption nicht automatisch von ihren Stiefeltern, selbst wenn sie jahrelange familiäre Beziehungen pflegen. Nur eine Adoption kann Stiefkinder zu gesetzlichen Erben machen.

  • Irrtum 4: Schulden können abgelehnt werden
    Viele Menschen denken fälschlicherweise, sie könnten Erbschaften annehmen, ohne für die Schulden des Verstorbenen haften zu müssen. Tatsächlich haften Erben jedoch unbegrenzt für alle Verbindlichkeiten des Erblassers. Eine Begrenzung der Haftung ist nur durch die Ausschlagung der Erbschaft oder durch die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens möglich.

  • Irrtum 5: Gemeinschaftskonten gehören dem Überlebenden
    Bei gemeinsamen Konten von Ehepartnern wird oft fälschlicherweise angenommen, dass das gesamte Guthaben dem überlebenden Partner gehört. Tatsächlich gehört ohne spezielle Vereinbarung nur der Anteil des verstorbenen Kontoinhabers zum Nachlass, während der Rest Eigentum des überlebenden Partners ist.

 

Handlungsempfehlungen: Was Sie beachten sollten

  • Die Errichtung eines Testaments ist wichtig, um unerwünschte Konsequenzen der gesetzlichen Erbfolge zu vermeiden.
  • Eheverträge können Erbquoten beeinflussen und Steuervorteile bieten.
  • Lebensversicherungen mit Bezugsrecht gehören nicht zum Erbe und sichern gezielt Personen ab.
  • Schenkungen zu Lebzeiten ermöglichen, das Vermögen nach eigenen Wünschen zu verteilen.
  • Beim Erben ohne Testament Deutschland gelten dieselben Freibeträge wie bei gewillkürter Erbfolge:
    • Ehegatte/Lebenspartner: 500.000 Euro
    • Kinder: 400.000 Euro je Kind
    • Enkelkinder: 200.000 Euro je Enkel
    • Sonstige Personen: 20.000 Euro
  • Bei der Erbschaftsteuer zahlen entfernte Verwandte und Nichtverwandte höhere Steuern. Eine geschickte testamentarische Planung kann jedoch helfen, günstigere Steuerklassen zu nutzen.

  • Bei komplexen Erbfällen, Streitigkeiten zwischen Erben oder Immobilien im Nachlass sollte man einen Rechtsanwalt oder Notar hinzuziehen. Steuerliche Aspekte bei größeren Nachlässen oder Unternehmensbeteiligungen erfordern die Beratung durch einen Steuerberater.

  • Nach einem Todesfall müssen Erben ohne Testament einen Erbschein beim Nachlassgericht beantragen, um ihre Berechtigung nachzuweisen. Die Kosten dafür variieren je nach Wert des Nachlasses zwischen 273 und mehreren tausend Euro. Es ist wichtig, ein Nachlassinventar aller Vermögenswerte und Schulden zu erstellen, um über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft entscheiden zu können. Die Ausschlagungsfrist für die Erbschaft beträgt sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls und der eigenen Erbenstellung.

 

Fazit

Die gesetzliche Erbfolge beim Erben ohne Testament Deutschland folgt klaren Regeln, die jedoch nicht immer den Vorstellungen und Bedürfnissen der Beteiligten entsprechen. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema und gegebenenfalls die Erstellung eines Testaments können unerwünschte Folgen vermeiden und für alle Beteiligten bessere Lösungen schaffen.


Der Beitrag wurde zuletzt am 23.11.2025 aktualisiert. Der Websitebetreiber garantiert nicht für Aktualität, Genauigkeit oder Vollständigkeit der Informationen und übernimmt keine Haftung für eventuelle Schäden. Es wird empfohlen, professionelle Beratung zu suchen.

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