
Die Kündigung Riester-Vertrag beschäftigt viele Deutsche, die mit ihrer privaten Altersvorsorge unzufrieden sind. Besonders in Zeiten niedriger Zinsen und hoher Inflation stellen sich Sparer die Frage, ob eine vorzeitige Vertragsauflösung sinnvoll ist. Doch Experten warnen: Eine Kündigung des Riester-Vertrags führt meist zu erheblichen finanziellen Verlusten.
Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2024 kündigten etwa 180.000 Deutsche ihren Riester-Vertrag, wobei die durchschnittlichen Verluste bei 2.400 Euro pro Vertrag lagen (Quelle: DIW Berlin, 15.03.2024, https://www.diw.de). Diese Zahlen verdeutlichen, warum eine sorgfältige Abwägung aller Optionen vor einer Kündigung unerlässlich ist.
Die häufigsten Gründe für die Kündigung von Riester-Verträgen sind Unzufriedenheit mit der Rendite, hohe Kosten, veränderte Lebensumstände und Liquiditätsbedarf.
Unzufriedenheit mit der Renditeentwicklung
Viele Riester-Sparer sind enttäuscht von der geringen Wertentwicklung ihrer Verträge. Klassische Riester-Rentenversicherungen erwirtschaften aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase oft nur minimale Erträge. Die garantierte Verzinsung liegt bei vielen Anbietern zwischen 0,25% und 0,9% pro Jahr, was nach Abzug der Inflation real zu Verlusten führt.
Hohe Kosten und Gebühren
Ein weiterer häufiger Grund für die Kündigung Riester-Vertrag sind die intransparenten und oft überhöhten Kosten. Abschlusskosten, Verwaltungsgebühren und Provisionen können die Rendite erheblich schmälern. Besonders in den ersten Vertragsjahren fließt ein Großteil der Beiträge in Kosten statt in die Kapitalanlage.
Veränderte Lebenssituation
Arbeitslosigkeit, Scheidung oder ein Umzug ins Ausland können dazu führen, dass die staatliche Förderung wegfällt oder der Vertrag nicht mehr zur persönlichen Situation passt. In solchen Fällen erwägen viele Sparer eine Kündigung, ohne die langfristigen Konsequenzen zu bedenken.
Liquiditätsbedarf
Akute Geldnot oder größere Anschaffungen verleiten manche Riester-Sparer dazu, ihren Vertrag vorzeitig aufzulösen. Dabei übersehen sie oft, dass der Rückkaufswert deutlich unter den eingezahlten Beiträgen liegt.
Das Altersvermögensgesetz und das Einkommensteuergesetz regeln die Riester-Kündigung, die trotz möglicher finanzieller Nachteile jederzeit mit einer Frist von drei Monaten möglich ist und in Sonderfällen ein Sonderkündigungsrecht besteht.
Gesetzliche Grundlagen der Riester-Kündigung
Das Altersvermögensgesetz (AVmG) und das Einkommensteuergesetz (EStG) regeln die rechtlichen Aspekte der Riester-Rente. Eine Kündigung ist grundsätzlich jederzeit möglich, jedoch mit erheblichen finanziellen Nachteilen verbunden. Der Gesetzgeber wollte bewusst Anreize schaffen, die Verträge bis zur Rente durchzuhalten.
Kündigungsfristen und Modalitäten
Die meisten Riester-Verträge können mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Einige Anbieter räumen auch kürzere Kündigungsfristen ein. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und sollte per Einschreiben verschickt werden, um einen Nachweis zu haben.
Die Anleitung beschreibt die Überprüfung des Riester-Vertrags, die Berechnung steuerlicher Konsequenzen, das Abwägen von Alternativen, das Verfassen eines Kündigungsschreibens und dessen Versand inklusive Bestätigung.
Schritt 1: Vertragsunterlagen prüfen
Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick über Ihren aktuellen Vertrag. Prüfen Sie den aktuellen Rückkaufswert, die bisher eingezahlten Beiträge und die erhaltenen Zulagen. Diese Informationen finden Sie in Ihren jährlichen Standmitteilungen oder können beim Anbieter erfragt werden.
Schritt 2: Steuerliche Konsequenzen berechnen
Ermitteln Sie die Höhe der zurückzuzahlenden Zulagen und Steuervorteile. Nutzen Sie dafür den Online-Rechner der Deutschen Rentenversicherung oder wenden Sie sich an einen Steuerberater.
Schritt 3: Alternativen prüfen
Bevor Sie die Kündigung einreichen, sollten Sie alle Alternativen sorgfältig abwägen. Oft gibt es bessere Lösungen als die komplette Vertragsauflösung.
Schritt 4: Kündigungsschreiben verfassen
Das Kündigungsschreiben sollte folgende Angaben enthalten:
Schritt 5: Kündigung versenden und bestätigen lassen
Senden Sie das Kündigungsschreiben per Einschreiben mit Rückschein an Ihren Anbieter. Bewahren Sie alle Belege auf und lassen Sie sich die Kündigung schriftlich bestätigen.
Bei einer Riester-Kündigung müssen erhaltene Zulagen und Steuervorteile zurückgezahlt werden, der Rückkaufswert ist meist geringer als die Beiträge und kann sozialversicherungsrechtliche Folgen haben.
Rückzahlung der staatlichen Förderung
Bei einer Kündigung müssen alle erhaltenen Zulagen und Steuervorteile zurückgezahlt werden. Dies erfolgt über die sogenannte "schädliche Verwendung" nach § 93 EStG. Die Rückzahlung wird über das Finanzamt abgewickelt und kann je nach Vertragslaufzeit und Förderhöhe mehrere tausend Euro betragen.
Verlust des Rückkaufswerts
Der Rückkaufswert liegt besonders in den ersten Vertragsjahren deutlich unter den eingezahlten Beiträgen. Dies liegt an den hohen Abschlusskosten, die über die ersten fünf Jahre verteilt verrechnet werden. Eine Studie der Verbraucherzentrale aus 2023 zeigt, dass Sparer bei einer Kündigung nach fünf Jahren durchschnittlich 25% ihrer eingezahlten Beiträge verlieren.
Steuerliche Behandlung des Rückkaufswerts
Der ausgezahlte Rückkaufswert unterliegt der Einkommensteuer, soweit er die eingezahlten Beiträge übersteigt. Da dies bei vorzeitiger Kündigung selten der Fall ist, entstehen hier meist keine zusätzlichen Steuern.
Sozialversicherungsrechtliche Aspekte
Bei der Kündigung eines Riester-Vertrags können auch sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen entstehen. Wer Arbeitslosengeld II bezieht, muss den Rückkaufswert als Vermögen angeben, was die Leistungen beeinflussen kann.
Es gibt verschiedene Alternativen zur Kündigung eines Riester-Vertrags:
Beitragsfreistellung
Statt einer Kündigung können Sie Ihren Riester-Vertrag beitragsfrei stellen. Dabei bleiben die bisher eingezahlten Beiträge und Zulagen erhalten, es müssen aber keine weiteren Beiträge gezahlt werden. Dies ist besonders sinnvoll, wenn sich die finanzielle Situation nur vorübergehend verschlechtert hat.
Anbieterwechsel
Ein Wechsel zu einem kostengünstigeren Anbieter kann die Rendite erheblich verbessern. Dabei wird das angesparte Kapital auf den neuen Vertrag übertragen, ohne dass Förderungen zurückgezahlt werden müssen. Achten Sie jedoch auf mögliche Wechselkosten.
Umwandlung in andere Riester-Produkte
Wenn Sie mit einer Riester-Rentenversicherung unzufrieden sind, können Sie zu einem Riester-Fondssparplan oder Riester-Banksparplan wechseln. Diese Produkte bieten oft bessere Renditechancen bei niedrigeren Kosten.
Teilkündigung oder Kapitalentnahme
Einige Riester-Verträge erlauben Teilkündigungen oder vorzeitige Kapitalentnahmen für bestimmte Zwecke wie Wohneigentumserwerb. Dies kann eine Alternative zur kompletten Kündigung sein.
Verrentung bei Erwerbsunfähigkeit
Bei dauerhafter Erwerbsunfähigkeit können Riester-Sparer unter bestimmten Voraussetzungen eine vorzeitige Verrentung beantragen, ohne die Förderung zurückzahlen zu müssen.
Riester-Sparer sollten regelmäßig ihren Vertrag prüfen, sich professionell beraten lassen, Optimierungsmöglichkeiten nutzen, eine langfristige Perspektive beibehalten und alle Unterlagen sorgfältig dokumentieren.
Regelmäßige Vertragsprüfung
Überprüfen Sie Ihren Riester-Vertrag mindestens einmal jährlich anhand der Standmitteilung. Achten Sie dabei auf die Kostenentwicklung, die Rendite und eventuelle Änderungen der Vertragsbedingungen.
Professionelle Beratung einholen
Bevor Sie eine Entscheidung über die Kündigung treffen, sollten Sie sich von einem unabhängigen Finanzberater oder der Verbraucherzentrale beraten lassen. Diese können Ihre individuelle Situation bewerten und passende Alternativen aufzeigen.
Optimierung statt Kündigung
In vielen Fällen lässt sich die Situation durch Optimierung des bestehenden Vertrags verbessern. Dies kann durch Anpassung der Beitragshöhe, Wechsel der Anlagestrategie oder Nutzung von Sonderzahlungen geschehen.
Langfristige Perspektive behalten
Die Riester-Rente ist als langfristige Altersvorsorge konzipiert. Kurzfristige Marktschwankungen oder niedrige Zinsen sollten nicht zu vorschnellen Entscheidungen führen. Bedenken Sie, dass sich die Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren wieder verbessern können.
Dokumentation und Nachverfolgung
Führen Sie eine sorgfältige Dokumentation aller Korrespondenz mit Ihrem Anbieter. Dies erleichtert eventuelle spätere Reklamationen oder Beschwerden bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Die Kündigung eines Riester-Vertrags sollte immer die letzte Option sein. In den meisten Fällen gibt es bessere Alternativen, die sowohl die staatliche Förderung erhalten als auch die finanzielle Situation verbessern können. Eine sorgfältige Analyse der individuellen Umstände und professionelle Beratung sind dabei unerlässlich für eine fundierte Entscheidung.
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