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Überversicherung verstehen: Definition, rechtliche Grundlagen und Handlungsempfehlungen

Überversicherung ist ein Problem, bei dem die Versicherungssumme den Wert des Objekts übersteigt. Es führt zu unnötigen Kosten für Versicherte, sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen, und betrifft verschiedene Versicherungsbereiche. Laut einer Studie des GDV zahlen deutsche Haushalte im Durchschnitt 15-20% zu viel für ihre Versicherungen, hauptsächlich wegen Überversicherung. (Quelle: GDV Jahresbericht 2024, 15.03.2024, https://www.gdv.de).

 

Was ist Überversicherung? – Definition und Abgrenzung

Im Folgenden wird die Definition, Arten und Folgen von Überversicherungen anhand von Fachliteratur und Rechtsprechung erörtert:

Grundlegende Definition der Überversicherung

Eine Überversicherung entsteht, wenn die Versicherungssumme höher ist als der objektive Wert des Versicherten zum Zeitpunkt des Schadens. Dies führt zu unnötig hohen Prämien, ohne dass es mehr Schutz bietet.

Arten der Überversicherung

Man unterscheidet zwischen verschiedenen Arten der Überversicherung:

  1. Absolute Überversicherung entsteht, wenn die Versicherungssumme von Beginn an höher ist als der Versicherungswert. Dies kann durch falsche Einschätzungen bei Vertragsabschluss oder bewusste Überbewertung entstehen.
  2. Relative Überversicherung entwickelt sich im Laufe der Zeit, beispielsweise durch Wertverlust des versicherten Objekts bei gleichbleibender Versicherungssumme. Besonders bei technischen Geräten oder Fahrzeugen ist dieser Effekt häufig zu beobachten.
  3. Doppelversicherung als Sonderform liegt vor, wenn dasselbe Risiko bei mehreren Versicherern versichert ist und die Summe aller Versicherungssummen den Versicherungswert übersteigt.

Rechtliche Grundlagen der Überversicherung

  1. Gesetzliche Regelungen im VVG
    Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) beinhaltet Regelungen zur Überversicherung in den Paragraphen 51 sowie 74 bis 79. Diese Bestimmungen legen die rechtlichen Grundlagen für den Umgang mit Überversicherungen fest und definieren die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.
    Gemäß § 51 VVG kann der Versicherungsnehmer bei einer Überversicherung die Versicherungssumme und die Prämien reduzieren lassen, sofern keine arglistige Täuschung vorliegt. Der Versicherer darf dieser Anpassung nur widersprechen, wenn er beweisen kann, dass er den Vertrag unter den geänderten Bedingungen nicht abgeschlossen hätte.
  2. Beweislast und Nachweispflichten
    Der Versicherungsnehmer trägt die Beweislast für das Vorliegen einer Überversicherung und muss dies mit entsprechenden Belegen wie Gutachten nachweisen. Versicherer sind dazu verpflichtet, ihre Kunden über mögliche Überversicherungen zu informieren und können bei Nichterfüllung dieser Aufklärungspflicht schadensersatzpflichtig sein.
  3. Verjährungsfristen und Anspruchsdurchsetzung
    Ansprüche auf Herabsetzung der Versicherungssumme wegen Überversicherung verjähren nach drei Jahren. Die Frist beginnt, sobald der Versicherungsnehmer von der Überversicherung weiß oder hätte wissen müssen, sofern keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt.

 

Auswirkungen der Überversicherung auf Versicherungsnehmer

  1. Überversicherung führt zu unnötig hohen Versicherungsprämien und verursacht jährlich einen finanziellen Mehraufwand für Haushalte von durchschnittlich 180-250 Euro.
  2. Zusätzlich entstehen Opportunitätskosten, weil das Geld für überflüssige Prämien sinnvoller investiert werden könnte.
  3. Außerdem kann Überversicherung ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln, da ein höherer Versicherungsschutz nicht immer nötig ist.

 

Betroffene Versicherungssparten mit praktischen Beispielen

Erfahren Sie, welche Auswirkungen eine Überversicherung haben kann:  

Hausratversicherung

In der Hausratversicherung ist Überversicherung besonders häufig anzutreffen. Viele Versicherungsnehmer schätzen den Wert ihres Hausrats zu hoch ein oder passen die Versicherungssumme nicht an veränderte Lebensumstände an.

Beispiel:
Familie Müller hat vor zehn Jahren eine Hausratversicherung mit einer Versicherungssumme von 80.000 Euro abgeschlossen. Durch Umzug in eine kleinere Wohnung und natürlichen Verschleiß beträgt der aktuelle Hausratwert nur noch 45.000 Euro. Die Überversicherung von 35.000 Euro führt zu jährlichen Mehrkosten von etwa 140 Euro.

 

Wohngebäudeversicherung

Bei Wohngebäudeversicherungen entsteht Überversicherung häufig durch veraltete Wertermittlungen oder nicht angepasste Versicherungssummen nach Renovierungen oder Modernisierungen.

Beispiel:
Ein Einfamilienhaus wurde 2015 mit einem Neuwert von 400.000 Euro versichert, obwohl der Gebäudewert nur 350.000 Euro betrug. Somit besteht eine Überversicherung von 50.000 Euro, die zu Mehrkosten von etwa 200-300 Euro führte.

 

Kfz-Versicherung

In der Kfz-Kaskoversicherung ist Überversicherung durch die automatische Anpassung der Versicherungssumme an den Zeitwert seltener, kann aber bei Sonderausstattungen oder individuellen Vereinbarungen auftreten.

Beispiel:
Ein Fahrzeug wurde mit Sonderausstattung im Wert von 15.000 Euro versichert. Nach einem Unfall wurde die Sonderausstattung entfernt, die Versicherungssumme aber nicht angepasst. Die resultierende Überversicherung führt zu unnötigen Prämienkosten.

 

Betriebsversicherungen

Gewerbetreibende sind besonders häufig von Überversicherung betroffen, da sich Betriebswerte durch Digitalisierung, Outsourcing oder Geschäftsmodellwechsel schnell ändern können.

Beispiel:
Ein Handwerksbetrieb hat seine Maschinenausstattung über mehrere Jahre digitalisiert und modernere, aber günstigere Geräte angeschafft. Die Betriebsinhalteversicherung wurde nicht entsprechend angepasst, wodurch eine Überversicherung von 30% entstanden ist.

 

Identifikation und Nachweis von Überversicherung

Um unnötige Kosten zu vermeiden und den Versicherungsschutz effektiv zu nutzen, ist es wichtig, Überversicherungen zu identifizieren und zu belegen. Im Folgenden wird erläutert, wie Versicherungsverträge systematisch geprüft und Überversicherungen festgestellt werden können. Außerdem wird die Bedeutung von Wertermittlungsverfahren und professionellen Gutachten sowie die notwendige Dokumentation für die Anspruchsdurchsetzung beschrieben.

Systematische Überprüfung der Versicherungsverträge

Die Identifikation von Überversicherung erfordert eine systematische Analyse aller bestehenden Versicherungsverträge. Versicherungsnehmer sollten mindestens jährlich ihre Versicherungssummen mit den aktuellen Werten abgleichen.

Wichtige Prüfpunkte umfassen:

  • Aktuelle Neuwerte bei Hausrat und Gebäuden
  • Zeitwerte bei abnutzbaren Gegenständen
  • Veränderungen in den Lebensumständen
  • Doppelversicherungen durch mehrere Verträge

Wertermittlungsverfahren

Für die Wertermittlung stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Bei Immobilien können Sachwertverfahren, Ertragswertverfahren oder Vergleichswertverfahren angewendet werden. Für Hausrat eignen sich Inventarlisten mit aktuellen Wiederbeschaffungspreisen.  Professionelle Gutachten sind bei höherwertigen Objekten empfehlenswert, da sie vor Versicherern und Gerichten als Nachweis anerkannt werden. Die Kosten für Gutachten amortisieren sich oft bereits nach wenigen Jahren durch eingesparte Prämien.

Dokumentation und Nachweisführung

Eine ordnungsgemäße Dokumentation ist für die erfolgreiche Geltendmachung von Ansprüchen bei Überversicherung unerlässlich. Dazu gehören:

  1. Kaufbelege und Rechnungen
  2. Gutachten und Schätzungen
  3. Fotografische Dokumentation
  4. Korrespondenz mit Versicherern

Handlungsempfehlungen zur Vermeidung und Korrektur

Präventive Maßnahmen gegen Überversicherung umfassen realistische Wertfestsetzung beim Vertragsabschluss und regelmäßige Überprüfungen.

  1. Jährlich sollten Versicherungsverträge aktualisiert werden, insbesondere nach großen Lebensveränderungen.
  2. Unabhängige Berater oder Makler können helfen, passende Versicherungssummen zu finden und Überversicherung zu vermeiden.
  3. Bei bestehender Überversicherung kann der Vertrag angepasst, gekündigt oder neu abgeschlossen werden, und im Streitfall rechtliche Schritte eingeleitet werden.
  4. Langfristig sollten Versicherungsnehmer digitale Hilfsmittel nutzen, indexierte Verträge überprüfen und regelmäßige Beratungstermine wahrnehmen, um ihren Versicherungsschutz optimal zu gestalten.

 

Fazit und Ausblick

Überversicherung ist ein finanzielles Problem, das durch regelmäßige Überprüfung und Beratung vermieden werden kann. Die Digitalisierung hilft, Risiken genauer zu bewerten und Überversicherungen zu reduzieren, doch erfordert auch eine aktivere Vertragsüberwachung. Versicherungsnehmer sollten Überversicherung als vermeidbare Kosten sehen und durch proaktives Handeln optimieren. Die Versicherungsbranche entwickelt präzisere Bewertungsverfahren und individuelle Lösungen, um Überversicherung zu vermindern. Bis dahin ist die selbständige Überwachung der Verträge der beste Schutz vor unnötigen Kosten.

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