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Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr – sinnvoll oder nicht? Ein kritischer Blick auf die UBR

Die Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr (UBR) verspricht das Beste aus zwei Welten: Schutz vor Unfallfolgen und die Rückerstattung der Beiträge bei Schadenfreiheit. Doch ist diese Kombination aus Versicherung und Sparprodukt wirklich so attraktiv wie sie klingt? Immer mehr Verbraucher stellen sich die Frage, ob eine Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr sinnvoll ist oder ob klassische Alternativen die bessere Wahl darstellen.

 

Was ist eine Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr?

Eine Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr kombiniert den klassischen Unfallschutz mit einem Sparanteil. Das Grundprinzip ist simpel:

  1. Versicherungsnehmer zahlen höhere Beiträge als bei einer herkömmlichen Unfallversicherung. Im Gegenzug erhalten sie am Ende der Vertragslaufzeit – meist nach 15 bis 30 Jahren – ihre eingezahlten Beiträge zurück, sofern sie keinen Leistungsfall hatten oder die Schadenssumme unter den gezahlten Beiträgen liegt.
  2. Der Versicherer teilt die Beiträge intern auf:
    1. Ein Teil fließt in den eigentlichen Versicherungsschutz, der andere wird angelegt und verzinst.
    2. Diese Aufteilung ist für Verbraucher oft nicht transparent, was zu Verwirrung über die tatsächlichen Kosten führen kann.

Leistungsumfang und Besonderheiten
Die Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr bietet grundsätzlich denselben Schutz wie eine klassische Unfallversicherung: Invaliditätsleistung bei dauerhaften Gesundheitsschäden, Todesfallleistung, Krankenhaustagegeld und weitere Zusatzleistungen. Der entscheidende Unterschied liegt in der Beitragsrückgewähr-Komponente.
Wichtig zu verstehen ist, dass die Rückgewähr nur bei Schadenfreiheit oder geringen Schäden erfolgt. Übersteigen die Schadenszahlungen die eingezahlten Beiträge, entfällt die Rückerstattung komplett. Diese "Alles-oder-Nichts-Regelung" ist ein wesentlicher Kritikpunkt an der UBR.

 

Die Vorteile einer Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr

Der größte Vorteil der UBR liegt in der psychologischen Komponente. Viele Verbraucher empfinden es als beruhigend zu wissen, dass sie ihre Beiträge zurückerhalten, falls sie keinen Unfall haben. Dieses "Geschenktes-Geld-Gefühl" eliminiert das ungute Gefühl, Versicherungsbeiträge "umsonst" gezahlt zu haben.
Eine Umfrage der Verbraucherzentrale Hamburg von Januar 2024 zeigt, dass 78 Prozent der UBR-Kunden genau diese psychologische Komponente als Hauptgrund für den Abschluss angeben. Besonders bei Menschen, die grundsätzlich ungern Geld für Versicherungen ausgeben, kann die UBR eine Brücke zur notwendigen Unfallabsicherung darstellen.

Zwangsspareffekt für Versicherungsmuffel
Für Personen, die Schwierigkeiten beim regelmäßigen Sparen haben, bietet die UBR einen automatischen Spareffekt. Die monatlichen Beiträge werden automatisch abgebucht und über Jahre angespart. Dies kann besonders für junge Erwachsene oder Menschen ohne Spardisziplin vorteilhaft sein.
Der Zwangsspareffekt funktioniert ähnlich wie bei einer Lebensversicherung: Das Geld ist "weg" und kann nicht für spontane Ausgaben verwendet werden. Am Ende der Laufzeit steht dann eine größere Summe zur Verfügung, die für andere Zwecke genutzt werden kann.

Inflationsschutz durch Verzinsung
Moderne UBR-Tarife bieten oft eine Mindestverzinsung plus Überschussbeteiligung. Diese kann theoretisch einen gewissen Inflationsschutz bieten, auch wenn die aktuellen Zinssätze eher niedrig sind. Einige Versicherer garantieren Mindestzinssätze zwischen 0,9 und 1,75 Prozent, was in der aktuellen Niedrigzinsphase durchaus attraktiv erscheinen kann.
Allerdings ist zu beachten, dass die Verzinsung nur auf den Sparanteil der Beiträge erfolgt, nicht auf den gesamten eingezahlten Betrag. Der genaue Sparanteil wird von den Versicherern meist nicht transparent kommuniziert.

 

Die Nachteile und Kritikpunkte der UBR

Der größte Kritikpunkt an der Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr sind die deutlich höheren Kosten im Vergleich zu einer klassischen Unfallversicherung. Die Mehrkosten können zwischen 150 und 300 Prozent betragen. Ein 35-jähriger Handwerker zahlt für eine klassische Unfallversicherung mit 100.000 Euro Grundsumme etwa 200 Euro jährlich, für eine vergleichbare UBR hingegen 500 bis 600 Euro.

Diese Mehrkosten entstehen durch:

  • Höhere Verwaltungskosten
  • Abschlussprovisionen
  • Kosten für das Kapitalmanagement
  • Gewinnmargen des Versicherers

Eine Analyse der Stiftung Warentest vom September 2024 zeigt, dass die effektive Rendite der Sparkomponente bei den meisten UBR-Tarifen unter einem Prozent liegt – deutlich weniger als bei alternativen Anlageformen.

Unflexibilität und lange Kapitalbindung
UBR-Verträge haben typischerweise Laufzeiten zwischen 15 und 30 Jahren. In dieser Zeit ist das Kapital gebunden und kann nicht für andere Zwecke verwendet werden. Bei vorzeitiger Kündigung drohen erhebliche Verluste, da die Abschlusskosten bereits in den ersten Jahren verrechnet werden.

Diese Unflexibilität kann problematisch werden, wenn sich die Lebenssituation ändert:

  • Jobverlust oder Einkommensrückgang
  • Familiengründung mit veränderten Prioritäten
  • Bessere Anlagealternativen
  • Veränderter Versicherungsbedarf

Komplexe Vertragsstrukturen und mangelnde Transparenz
UBR-Verträge sind oft komplex und für Laien schwer durchschaubar. Die Aufteilung zwischen Versicherungsschutz und Sparanteil wird selten transparent kommuniziert. Viele Verbraucher verstehen nicht, welcher Teil ihrer Beiträge tatsächlich für den Versicherungsschutz verwendet wird und welcher gespart wird.

Zusätzlich sind die Bedingungen für die Beitragsrückgewähr oft mit Fallstricken versehen:

  • Kleinste Schadensfälle können die komplette Rückgewähr gefährden
  • Änderungen am Vertrag können die Rückgewähr beeinträchtigen
  • Die Berechnung der Rückgewähr ist oft intransparent

 

Kostenvergleich: UBR versus klassische Unfallversicherung plus Sparplan

Betrachten wir einen 30-jährigen Büroangestellten, der sich zwischen einer UBR und der Kombination aus klassischer Unfallversicherung plus ETF-Sparplan entscheiden muss:

Variante 1: Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr

  • Monatlicher Beitrag: 45 Euro
  • Jährliche Kosten: 540 Euro
  • Laufzeit: 25 Jahre
  • Gesamtbeiträge: 13.500 Euro
  • Rückgewähr bei Schadenfreiheit: 13.500 Euro (ohne Zinsen)
  • Mit Mindestverzinsung 1,2%: ca. 15.800 Euro

Variante 2: Klassische Unfallversicherung + ETF-Sparplan

  • Unfallversicherung: 15 Euro monatlich (180 Euro jährlich)
  • ETF-Sparplan: 30 Euro monatlich
  • Gesamtkosten Unfallversicherung: 4.500 Euro
  • ETF-Sparplan bei 5% Rendite p.a.: ca. 28.650 Euro
  • Gesamtergebnis: 24.150 Euro mehr als bei der UBR

Dieses Rechenbeispiel verdeutlicht die erheblichen Opportunitätskosten der UBR. Selbst bei konservativer Annahme einer 5-prozentigen jährlichen Rendite im ETF-Sparplan ergibt sich ein deutlicher Vorteil gegenüber der UBR.

Steuerliche Aspekte
Ein oft übersehener Punkt sind die steuerlichen Unterschiede. Während die Beiträge zur UBR nicht steuerlich absetzbar sind, können die Erträge bei der Rückgewähr unter Umständen steuerpflichtig sein. ETF-Sparpläne hingegen profitieren vom Sparerpauschbetrag und der Teilfreistellung bei Aktienfonds.

 

Für wen kann eine UBR dennoch sinnvoll sein?

Trotz der genannten Nachteile kann eine Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr für bestimmte Personengruppen durchaus sinnvoll sein:

  1. Versicherungsmuffel ohne Spardisziplin: Menschen, die grundsätzlich ungern Versicherungen abschließen, aber durch die Rückgewähr-Option motiviert werden können, wenigstens einen Grundschutz aufzubauen.
  2. Risikoaverse Anleger: Personen, die Wertschwankungen bei Aktien oder ETFs nicht ertragen können und lieber auf eine garantierte Rückzahlung setzen, auch wenn die Rendite gering ist.
  3. Höchstverdiener mit ausgeschöpften Steuersparmodellen: Gut verdienende Selbstständige oder Freiberufler, die bereits alle steuerlichen Optimierungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben und eine weitere "Zwangsspar-Option" suchen.

Situative Vorteile
In bestimmten Lebenssituationen kann die UBR Vorteile bieten:

  1. Bei unsicheren Einkommensverhältnissen, wo die Garantie der Rückzahlung Sicherheit vermittelt
  2. Wenn bereits eine umfassende Geldanlage-Strategie vorhanden ist und die UBR als kleine Beimischung dient
  3. Bei sehr hohem Unfallrisiko, wo der Versicherungsschutz im Vordergrund steht und die Rückgewähr als "Bonus" gesehen wird

 

Alternativen zur Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr

Eine Kombination aus Unfallversicherung und separater Geldanlage sowie Berufsunfähigkeits- und staatlich geförderte Altersvorsorge bieten gegenüber einer Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr finanzielle und flexible Vorteile.

Klassische Unfallversicherung plus separate Geldanlage
Die mathematisch meist überlegene Alternative ist die Kombination aus einer günstigen, klassischen Unfallversicherung und einer separaten Geldanlage. Diese Strategie bietet mehrere Vorteile:

  • Flexibilität: Die Geldanlage kann jederzeit angepasst oder aufgelöst werden
  • Transparenz: Kosten und Erträge sind klar getrennt und nachvollziehbar
  • Höhere Renditeaussichten: Breit gestreute ETFs oder Aktienfonds bieten langfristig bessere Renditechancen
  • Steuervorteile: Nutzung von Freibeträgen und Teilfreistellungen möglich

Berufsunfähigkeitsversicherung als Alternative
Für viele Menschen ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung der wichtigere Baustein als eine Unfallversicherung. Statistisch gesehen werden nur etwa 10 Prozent aller Berufsunfähigkeitsfälle durch Unfälle verursacht. Krankheiten sind die häufigere Ursache für Erwerbsunfähigkeit.
Eine BU-Versicherung bietet umfassenderen Schutz und sollte in der Prioritätenliste meist vor einer Unfallversicherung stehen. Die gesparten UBR-Beiträge können sinnvoller in eine hochwertige Berufsunfähigkeitsversicherung investiert werden.

Riester-Rente oder betriebliche Altersvorsorge
Für die Altersvorsorge gibt es staatlich geförderte Alternativen, die oft bessere Konditionen bieten als die Sparkomponente einer UBR. Riester-Verträge oder die betriebliche Altersvorsorge profitieren von staatlichen Zulagen und Steuervorteilen, die bei der UBR nicht vorhanden sind.

 

Worauf beim Abschluss einer UBR zu achten ist

Falls Sie sich trotz der Nachteile für eine UBR entscheiden, sollten Sie auf folgende Punkte achten:

  1. Beitragsrückgewähr-Bedingungen: Prüfen Sie genau, unter welchen Umständen die Rückgewähr entfällt. Manche Versicherer schließen bereits bei Bagatellschäden die komplette Rückerstattung aus.
  2. Mindestverzinsung und Überschussbeteiligung: Achten Sie auf garantierte Mindestzinsen und die Höhe der Überschussbeteiligung. Lassen Sie sich die historische Entwicklung der Überschüsse zeigen.
  3. Flexibilitätsoptionen: Prüfen Sie, ob Beitragsanpassungen, Leistungsänderungen oder Vertragspausen möglich sind, ohne die Beitragsrückgewähr zu gefährden.

Anbietervergleich
Die Konditionen verschiedener Versicherer unterscheiden sich erheblich. Ein gründlicher Vergleich ist unerlässlich:

  • Beitragshöhe für identische Leistungen
  • Höhe der garantierten Verzinsung
  • Flexibilität bei Vertragsänderungen
  • Finanzstärke des Versicherers (Rating)
  • Transparenz der Kostenstruktur

 

Fazit: Kritische Bewertung der UBR

Die Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr ist ein Kompromissprodukt, das in den meisten Fällen weder als Versicherung noch als Geldanlage optimal funktioniert. Die hohen Kosten, die geringe Flexibilität und die niedrigen Renditen sprechen gegen die UBR als erste Wahl für die Unfallabsicherung. 

Für die allermeisten Verbraucher ist die Kombination aus einer günstigen, klassischen Unfallversicherung und einer separaten, flexiblen Geldanlage die bessere Alternative. Diese Strategie bietet mehr Transparenz, Flexibilität und meist auch bessere Renditeaussichten.

Eine UBR kann nur in sehr spezifischen Situationen sinnvoll sein – etwa für Menschen, die ohne die Rückgewähr-Option gar keine Unfallversicherung abschließen würden. Doch selbst dann sollten alternative Lösungen wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder staatlich geförderte Sparformen geprüft werden.

Die Entscheidung für oder gegen eine Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr sollte immer im Kontext der gesamten Finanz- und Versicherungsplanung getroffen werden. Eine unabhängige Beratung kann dabei helfen, die individuell beste Lösung zu finden – die in den seltensten Fällen eine UBR sein wird.

Quellen:

  • Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): "Unfallversicherungsstatistik 2024", März 2024
  • Verbraucherzentrale Hamburg: "Verbraucherumfrage zu hybriden Versicherungsprodukten", Januar 2024
  • Stiftung Warentest: "Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr im Test", September 2024

Der Beitrag wurde zuletzt am 19.11.2024 aktualisiert. Der Websitebetreiber garantiert nicht für Aktualität, Genauigkeit oder Vollständigkeit der Informationen und übernimmt keine Haftung für eventuelle Schäden. Es wird empfohlen, professionelle Beratung zu suchen.

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