Selbstständige in Deutschland müssen ihre Versicherungen sorgfältig wählen, da eine umfassende Absicherung von Faktoren wie Branche, Rechtsform und individuellen Risiken abhängt. Die meisten Selbstständigen sind nicht ausreichend für das Alter abgesichert, da nur 9 Prozent in der gesetzlichen Rentenversicherung eingetragen sind. Es wird deutlich, dass viele Selbstständige Versicherungslücken aufweisen.
Krankenversicherung: Die unverzichtbare Grundabsicherung
Die Krankenversicherung ist zentral für Selbstständige, die zwischen gesetzlicher und privater Versicherung wählen können. 45% der Selbstständigen sind privat, 54% gesetzlich versichert. Das Einkommen beeinflusst die Wahl der Versicherung stark, und die Entscheidung ist meist langfristig, da ein Wechsel zurück in die gesetzliche Versicherung schwierig ist.
Rentenversicherung und Altersvorsorge: Die große Herausforderung
Die Altersvorsorge ist besonders für Selbständige schwierig.
- Aktuell sind nur einige Berufsgruppen rentenversicherungspflichtig, z.B. Handwerker, freiberufliche Lehrer, Hebammen, Pfleger sowie Künstler und Publizisten über die Künstlersozialkasse.
- Ab 2025 sollen laut Koalitionsvertrag alle neuen Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, außer sie weisen eine private Vorsorge nach.
- Die Rürup-Rente, auch Basisrente genannt, ist eine staatlich geförderte private Altersvorsorge für Selbstständige und Gutverdiener in Deutschland. Die Beiträge sind steuerlich absetzbar und die Auszahlungen im Rentenalter werden besteuert. Ziel der Rürup-Rente ist es, die drohende Versorgungslücke im Alter zu verkleinern.
Berufsunfähigkeitsversicherung: Existenzieller Schutz vor Erwerbsausfall
Die Berufsunfähigkeitsversicherung gehört zu den wichtigsten Absicherungen für Selbständige. Statistiken zeigen, dass jeder vierte Erwerbstätige irgendwann berufsunfähig wird, wobei psychische Erkrankungen die häufigste Ursache darstellen. Im Gegensatz zu Angestellten haben Selbständige keinen Anspruch auf staatliche Erwerbsminderungsrente. Wenn das Krankengeld der gesetzlichen Krankenkasse nach 72 Wochen endet oder das Krankentagegeld der privaten Krankenversicherung bei Berufsunfähigkeit wegfällt, stehen Selbständige ohne Einkommen da, während alle Ausgaben wie Miete und laufende Verpflichtungen bestehen bleiben.
Die Beitragshöhe richtet sich nach verschiedenen Faktoren: der Berufsgruppe und deren Risikoklasse, gefährlichen Hobbys, dem Alter bei Vertragsabschluss, dem Gesundheitszustand und der gewünschten Rentenhöhe. Als Richtwert gelten 75 Prozent des aktuellen Nettoeinkommens. Eine Gesundheitsprüfung ist unumgänglich – eine Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Gesundheitsfragen gibt es nicht.
Haftpflichtversicherungen: Schutz vor beruflichen Risiken
Haftpflichtversicherungen sind für viele Selbständige nicht nur empfehlenswert, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Der Gesetzgeber hat für zahlreiche Berufsgruppen eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung als Pflichtversicherung festgelegt. Zu den versicherungspflichtigen Berufen gehören: Architekten und Ingenieure, Ärzte und Apotheker, Berufsbetreuer, Bewachungsunternehmen, Finanzanlagenvermittler, Immobilienkreditvermittler, Immobilienmakler, Inkassobüros, Notare, Prüfsachverständige, Rechtsanwälte, Steuerberater, Versicherungsvermittler, Verbraucherdarlehensvermittler, Wohnungseigentumsverwalter und Wirtschaftsprüfer. Die Vermögensschadenhaftpflicht unterscheidet zwischen echten und unechten Vermögensschäden und kommt für Forderungen auf, die durch fehlerhafte oder falsche Beratung entstehen. Gerade bei digitalen Berufen treten reine Vermögensschäden vergleichsweise häufig auf.
Für gewerbliche Betriebe ist zusätzlich die Betriebshaftpflichtversicherung relevant. Sie schützt vor Schadenersatzansprüchen bei Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die der Selbständige oder seine Mitarbeiter verursachen. Die Beiträge variieren je nach Risiko der Tätigkeit, Jahresumsatz und Anzahl der Mitarbeiter.
Weitere essenzielle Versicherungen für Selbständige
- Unfallversicherung
Selbständige sind nicht automatisch gesetzlich unfallversichert. Nur bestimmte Berufsgruppen, beispielsweise in der Bau- oder Gesundheitsbranche, müssen sich bei einer Berufsgenossenschaft versichern. Die private Unfallversicherung bietet weitreichenden Schutz sowohl beruflich als auch privat und stellt eine existenzsichernde Maßnahme bei Unfähigkeit dar, die berufliche Tätigkeit auszuüben. - Krankentagegeldversicherung
Da Selbständige bei Krankheit keine automatische Lohnfortzahlung erhalten, ist die Krankentagegeldversicherung besonders wichtig. Für Selbständige ist Krankentagegeld bereits ab dem achten Krankheitstag empfehlenswert. Die Berechnung des angemessenen Krankentagegeldes folgt einem erweiterten Schema, das sowohl private als auch geschäftliche Aspekte einbezieht. - Arbeitslosenversicherung
Selbständige können sich freiwillig arbeitslosenversichern. Voraussetzungen sind, dass sie in den letzten zwei Jahren vor der Existenzgründung mindestens zwölf Monate pflichtversichert waren und der Umfang ihrer Tätigkeit nicht unter 15 Wochenstunden liegt. Der Antrag muss spätestens drei Monate nach Beginn der Selbständigkeit gestellt werden. - Rechtsschutzversicherung
Ein Rechtsschutz für Privatpersonen wird den Lebensumständen von Selbständigen nicht gerecht. Sie benötigen speziell auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten Rechtsschutz, der an ihre besonderen Erfordernisse angepasst ist. - Geschäftsinhaltsversicherung
Diese Versicherung schützt das Inventar und die Einrichtung von Geschäften, Büros und Betrieben vor Schäden durch Feuer, Einbruchdiebstahl, Leitungswasser oder Sturm. Für Selbständige mit wertvoller Geschäftsausstattung stellt sie einen wichtigen Baustein der Absicherung dar. - Cyber-Versicherung: Schutz vor digitalen Risiken
Die Digitalisierung führt zu neuen Risiken wie Hackerangriffen und Datenlecks, die nicht durch traditionelle Versicherungen abgedeckt sind. Für Freiberufler ist daher eine Cyber-Versicherung wichtig. Diese bietet Schutz vor finanziellen Schäden durch Cyberattacken und unterstützt mit IT-Experten und einer spezialisierten Hotline. Kosten für Schadensanalyse, Datenwiederherstellung, Systemreparatur, Präventivmaßnahmen und Schulungen werden übernommen. Cyber-Versicherungen decken auch die finanziellen Folgen von Betriebsunterbrechungen, Krisenkommunikation, Hardwareersatz, Rechtsansprüchen Dritter und Reputationsmanagement ab.
Fazit
Welche Versicherungen Selbständige benötigen, hängt von individuellen Faktoren wie Branche, Rechtsform und Risikostruktur ab. Die Krankenversicherung als Pflichtversicherung bildet das Fundament, während Berufsunfähigkeits- und Haftpflichtversicherungen existenzielle Risiken absichern. Ergänzende Versicherungen wie Unfall-, Rechtsschutz- und Cyber-Versicherung runden den Schutz ab. Die Versicherungslandschaft unterliegt kontinuierlichen Veränderungen durch neue rechtliche Rahmenbedingungen, steuerliche Anreize und technologische Entwicklungen. Die geplante Rentenversicherungspflicht, verbesserte Rürup-Rente-Konditionen und steigende Krankenversicherungsbeiträge erfordern eine regelmäßige Überprüfung der Versicherungsstrategie. Selbständige sollten ihre Absicherung nicht dem Zufall überlassen, sondern eine strukturierte Risikoanalyse durchführen und professionelle Beratung in Anspruch nehmen. Nur so lässt sich ein optimaler Schutz bei angemessenem Beitragsaufwand erreichen, der die berufliche und private Existenz nachhaltig absichert.