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Erwerbsminderungsrente vs. Berufsunfähigkeitsversicherung

Die Absicherung der Arbeitskraft ist ein zentraler Teil der Risikovorsorge in Deutschland. Es gibt die gesetzliche Erwerbsminderungsrente und die private Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Erwerbsminderungsrente deckt nur 30-40% des letzten Bruttoeinkommens ab, während die private Versicherung bis zu 75% des Nettoeinkommens absichern kann. 42-45% der Anträge auf Erwerbsminderungsrente werden abgelehnt, im Gegensatz zu 80% Genehmigungen bei der Berufsunfähigkeitsversicherung.

 

Anspruchsgrundlagen: Sozialrecht vs. Privatrecht

Die rechtlichen Grundlagen von Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsversicherung basieren auf völlig unterschiedlichen Rechtssystemen und Philosophien. 

  1. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente ist Teil des deutschen Sozialversicherungssystems, geregelt durch das SGB VI. Sie wird unabhängig von anderen Einkommen gezahlt. Bei Ablehnung der Erwerbsminderungsrente ist der Rechtsweg über Sozialgerichte möglich und kostenfrei, aber oft langwierig.
  2. Im Gegensatz dazu basiert die private Berufsunfähigkeitsversicherung auf privatrechtlichen Verträgen und dem VVG. Sie zahlt eine vereinbarte Rente unabhängig von anderen Leistungen.  Im Falle der Berufsunfähigkeit muss der Versicherte zunächst nur die Unfähigkeit behaupten; der Versicherer muss das Gegenteil beweisen.

 

Finanzielle Absicherung: Dramatische Unterschiede in der Leistungshöhe

Die finanzielle Absicherung stellt das Herzstück beider Systeme dar, wobei sich erhebliche Unterschiede in der Leistungshöhe und der Einkommenssicherung zeigen.

  1. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente reicht oft nicht aus, um den früheren Lebensstandard zu halten.
    2023 lag die durchschnittliche Rente bei 1.059 Euro pro Monat, wobei Männer etwas mehr und Frauen weniger erhielten. Die Renten decken nur etwa 30-40% des letzten Bruttoeinkommens. Zudem gibt es regionale Unterschiede: Frauen im Westen erhalten weniger als im Osten, bei Männern ist es umgekehrt. Diese Differenzen resultieren aus unterschiedlichen Arbeitslebensläufen und Einkommensverhältnissen.
  2. Die private Berufsunfähigkeitsversicherung bietet flexible finanzielle Sicherheit, indem sie bis zu 75 Prozent des letzten Nettoeinkommens abdeckt. Die Beiträge variieren je nach Alter, Beruf und gewählter Rentenhöhe. Ein 30-jähriger Elektrotechniker zahlt beispielsweise für eine monatliche Rente von 1.500 Euro bis zum Alter von 67 Jahren rund 74,47 Euro monatlich, wobei die Kosten mit dem Einstiegsalter steigen. Die Berufsgruppe beeinflusst ebenfalls die Beitragshöhe stark, wobei körperlich anspruchsvollere Berufe wie Dachdecker höhere Beiträge zahlen als beispielsweise Mathematiker oder Informatiker.

 

Zugangsvoraussetzungen: Hohe Hürden vs. niedrige Schwellen

Die Zugangsvoraussetzungen für beide Absicherungssysteme unterscheiden sich fundamental und haben erheblichen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, im Bedarfsfall tatsächlich Leistungen zu erhalten.

  1. Die Erwerbsminderungsrente in Deutschland ist schwer zugänglich, da neben gesundheitlichen Einschränkungen auch strenge versicherungsrechtliche Anforderungen erfüllt sein müssen. Antragsteller müssen unter anderem fünf Jahre versichert und in den letzten fünf Jahren vor der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Beiträge gezahlt haben.
  2. Die Berufsunfähigkeitsversicherung hat niedrige Anforderungen für den Leistungsanspruch. Man muss lediglich nachweisen, dass man den letzten Beruf aus gesundheitlichen Gründen zu mindestens 50 Prozent nicht mehr ausüben kann. Es gibt üblicherweise keine Wartezeiten, der Schutz beginnt sofort nach Vertragsabschluss und erfolgreicher Gesundheitsprüfung.

 

Leistungsfall: Unterschiedliche Bewertungskriterien mit dramatischen Folgen

Die Definition eines Leistungsfalls und die Bewertungskriterien variieren stark zwischen zwei Systemen, was deutlich die Chancen beeinflusst, Leistungen zu erhalten und die unterschiedlichen Bewilligungsquoten erklärt.

  1. Bei der Erwerbsminderungsrente wird zwischen teilweiser und voller Erwerbsminderung unterschieden. Die Bewertung der Arbeitsfähigkeit erfolgt durch Gutachter der Deutschen Rentenversicherung, wobei oft unterschiedliche Einschätzungen zu hohen Ablehnungsquoten führen. Die Bewertung psychischer Erkrankungen ist besonders schwierig und führt häufig zu Ablehnungen.
  2. Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung ist der Leistungsfall klar, wenn die versicherte Person ihren Beruf aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht oder nur teilweise ausüben kann. Es gilt die 50-Prozent-Regel, d.h. es liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn man die beruflichen Tätigkeiten zu mindestens 50% nicht mehr ausführen kann.

Die Erfolgsquote bei Leistungsanträgen unterscheidet sich dramatisch zwischen beiden Systemen.

  1. 42 bis 45 Prozent  der Leistungsanträge werden bei der Erwerbsminderungsrente abgelehnt.
  2. Im Gegensatz dazu bewilligen die BU-Versicherer 80 Prozent aller Leistungsanträge.

 

Wartezeiten: Sofortschutz vs. jahrelange Wartezeiten

Die Wartezeiten zwischen zwei Versicherungssystemen sind grundlegend verschieden und beeinflussen maßgeblich die Verfügbarkeit des Versicherungsschutzes. Diese Unterschiede repräsentieren die verschiedenen Philosophien der jeweiligen Systeme.

  1. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente setzt eine fünfjährige allgemeine Wartezeit voraus, und in den fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung müssen mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt worden sein.
  2. Die private Berufsunfähigkeitsversicherung zeichnet sich durch den sofortigen Versicherungsschutz ohne Wartezeiten aus, sobald die Gesundheitsprüfung bestanden ist. Dies ist besonders vorteilhaft für Berufseinsteiger, Studenten und Auszubildende, die noch keine Ansprüche auf gesetzliche Erwerbsminderungsrente haben und daher auf private Vorsorge angewiesen sind.

  

Statistische Realitäten: Alarmierende Zahlen zur Versorgungssituation

Die statistischen Daten zeigen die Leistung der Absicherungssysteme und die problematische Lage der Deutschen bei Arbeitskraftverlust.

  1. Im Jahr 2023 bekamen 164.364 Personen eine Erwerbsminderungsrente, mehr Frauen als Männer. Die durchschnittliche Rente lag bei 1.001 Euro. Die Ablehnungsquote für Anträge war mit über 42 Prozent seit 2001 sehr hoch und stieg bis 2023 auf 154.000 abgelehnte Anträge an.
  2. In Deutschland haben nur 29 Prozent der Erwerbstätigen eine private Berufsunfähigkeitsversicherung, trotz hohem Risiko. Die Leistungsstatistiken der Versicherung sind besser als die der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente, da 80 Prozent der Anträge genehmigt werden.
  3. Das Risiko der Berufsunfähigkeit ist hoch, da statistisch jeder Vierte während seiner Arbeitszeit davon betroffen sein wird. Die Hauptursache für Berufsunfähigkeit sind psychische Erkrankungen mit 37 Prozent, gefolgt von Erkrankungen des Bewegungsapparats mit 20 Prozent, Krebserkrankungen mit 16 Prozent und schweren Unfällen mit sieben Prozent.

 

Vergleichende Bewertung: Klare Vor- und Nachteile

Die vergleichende Bewertung von Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsversicherung zeigt deutlich die jeweiligen Stärken und Schwächen beider Systeme auf. 

  1. Die Erwerbsminderungsrente bietet eine rechtliche Garantie und einen Anspruch, der einklagbar ist, weist aber eine niedrige Leistungshöhe auf und hat hohe Zugangsvoraussetzungen, weshalb viele Anträge abgelehnt werden.
  2. Die private Berufsunfähigkeitsversicherung bietet bessere Leistungen mit einer höheren Bewilligungsquote und ermöglicht es, den Lebensstandard weitgehend zu halten. Sie ist berufsbezogen und damit realistischer als die gesetzliche Rente. Nachteile sind die oft hohen Beiträge und die Gesundheitsprüfungen, die Menschen mit Vorerkrankungen benachteiligen können.

 

Schlussfolgerungen und konkrete Handlungsempfehlungen

Die umfassende Analyse beider Absicherungssysteme führt zu klaren Schlussfolgerungen und konkreten Handlungsempfehlungen für Verbraucher. 

1. Frühzeitiger Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung
Der wichtigste Rat für Verbraucher ist es, früh eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Junge und gesunde Versicherte profitieren von niedrigeren Beiträgen und einer höheren Chance, die Gesundheitsprüfung zu bestehen. So zahlt ein 20-jähriger Elektrotechniker 62,32 Euro im Monat, während ein 50-Jähriger 104,70 Euro zahlen muss.

2. Ausreichende Versicherungssumme wählen
Die BU-Rente sollte mindestens 75% des Nettoeinkommens abdecken, um den gewohnten Lebensstandard halten zu können. Eine zu niedrige Versicherungssumme kann zu finanziellen Schwierigkeiten führen. Es wird empfohlen, eine Nachversicherungsoption zu vereinbaren, um die Rente bei steigendem Einkommen anpassen zu können.

3. Nicht auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente vertrauen
Verbraucher sollten nicht erwarten, im Ernstfall genug gesetzliche Erwerbsminderungsrente zu bekommen, weil über 40 Prozent der Anträge abgelehnt werden und die Leistung im Schnitt nur 1.059 Euro beträgt. Daher ist private Vorsorge unerlässlich und die gesetzliche Rente sollte nur eine Ergänzung sein, nicht die Hauptabsicherung.

4. Sorgfältige Auswahl des Versicherers und Tarifs
Verbraucher sollten bei der Wahl einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) neben dem Preis auch auf Leistungen und Service des Anbieters achten. Wichtige Aspekte sind eine hohe Bewilligungsquote, zügige Bearbeitung von Anträgen und eine faire Schadenregulierung.

5. Ehrliche Gesundheitsangaben beim Antrag
Bei der Antragstellung für Versicherungen müssen die Gesundheitsfragen ehrlich beantwortet werden. Unwahre Angaben können dazu führen, dass der Versicherer nicht leistet. Nur 10% der Ablehnungen sind auf Verletzungen der Anzeigepflicht zurückzuführen, was bedeutet, dass ehrliche Angaben meistens keine Probleme verursachen.

6. Regelmäßige Überprüfung der Absicherung
Im Laufe des Lebens verändern sich persönliche Umstände, wie Einkommensverhältnisse, Familiengründung oder Berufswechsel, weshalb es wichtig ist, die Berufsunfähigkeitsrente entsprechend anzupassen. Verbraucher sollten deshalb ihre finanzielle Absicherung regelmäßig überprüfen und bei Bedarf aktualisieren.

7. Frühzeitige und unabhängige Beratung suchen
Verbraucher sollten sich rechtzeitig um eine unabhängige Beratung bemühen, um die für sie beste Option zu identifizieren. Es ist ratsam, verschiedene Angebote zu vergleichen und dabei die jeweiligen Vor- und Nachteile zu berücksichtigen.

 

Zusammenfassung

Die Gegenüberstellung von Erwerbsminderungsrente und Berufsunfähigkeitsversicherung zeigt deutlich, dass die private Vorsorge unverzichtbar ist. Während die gesetzliche Erwerbsminderungsrente nur eine rudimentäre Grundsicherung bietet, ermöglicht die BU-Versicherung eine angemessene Absicherung des Lebensstandards. Verbraucher, die ihre Arbeitskraft nicht ausreichend absichern, gehen ein erhebliches finanzielles Risiko ein, das ihre gesamte Lebensplanung gefährden kann. Die Investition in eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist daher nicht nur sinnvoll, sondern für die meisten Erwerbstätigen essentiell.

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