Der Begriff "Mehrfachversicherung" ersetzt das ältere "Doppelversicherung" und beschreibt präziser die Situation, in der mehrere Versicherungsverträge für dasselbe Risiko existieren und die Summe der Versicherungsbeträge den tatsächlichen Wert der versicherten Sache übersteigt. Im Schadensfall bedeutet das, dass der Versicherungsnehmer nicht mehr als den erlittenen Schaden ersetzt bekommt, da sich die Versicherer untereinander ausgleichen.
Wesentliche Merkmale der Mehrfachversicherung
- Mehrere Versicherungsunternehmen bieten Schutz für identische Gefahren.
- Die gesamten Versicherungssummen übersteigen den Wert der versicherten Sache.
- Im Schadensfall leisten die Versicherer gemeinsam, begrenzt auf den tatsächlichen Schaden.
- Versicherungsnehmer können unbeabsichtigte Mehrfachversicherungen kündigen (§ 79 VVG).
Juristische Rahmenbedingungen der Mehrfachversicherung
Nach § 79 VVG kann ein Versicherungsnehmer eine unbeabsichtigte Mehrfachversicherung auflösen, wenn diese aus Versehen oder Nachlässigkeit entstanden ist. Das bedeutet, dass nicht alle Policen beibehalten werden müssen, wenn sie denselben Schutz bieten und die Leistungen den Versicherungswert übersteigen.
Ausnahmesituationen und Eigenbeteiligung
In einigen Fällen wählen Versicherungsnehmer bewusst mehrere Policen für dasselbe Risiko, um sich gegen höhere Risiken abzusichern oder die Versicherungssumme zu erhöhen. Solche Entscheidungen werden sorgfältig geprüft und können zu rechtlichen Streitigkeiten führen, insbesondere wenn im Schadensfall doppelte Entschädigung erwartet wird.
Ursachen und Entstehung von Mehrfachversicherungen
Mehrfachversicherungen entstehen oft durch unbeabsichtigte Überschneidungen im Versicherungsschutz, beeinflusst durch verschiedene Faktoren:
- Oft sind sich Versicherungsnehmer nicht bewusst, dass bestehender Schutz für ein Risiko vorhanden ist, und schließen versehentlich zusätzliche Policen ab.
- Leistungen aus verschiedenen Verträgen können sich überschneiden, etwa bei Berufs- und Privathaftpflichtversicherungen.
- Ereignisse wie Heirat oder Immobilienerwerb führen zu neuen Policen ohne Prüfung des bestehenden Schutzes.
Beispiele für Mehrfachversicherungen
- Ehepartner könnten jeweils Hausrat- und Haftpflichtversicherungen mitbringen, was zur Überdeckung führt.
- Mieter können unbewusst mehrfach abgesichert sein, etwa durch Mitgliedschaft im Mieterverein und private Rechtsschutzversicherung.
- Beschäftigte können doppelt abgesichert sein, wenn private und berufliche Haftpflichtversicherungen bestehen.
Betroffene Versicherungsarten
Mehrfachversicherungen können fast jede Art der Sachversicherung betreffen, wobei besonders Hausrat-, Haftpflicht-, Gebäude- und Rechtsschutzversicherungen häufig sind. Summenversicherungen wie Lebens- und Unfallversicherungen fallen nicht unter Mehrfachversicherungen, da sie nicht auf Überdeckung basieren.
Summenversicherungen und ihre Besonderheiten
Summenversicherungen sind Versicherungen, bei denen die Prämien unabhängig vom Risiko festgelegt werden. Diese Art der Versicherung fällt nicht unter die Definition der Mehrfachversicherung, da keine Überdeckung eines Risikos vorliegt. Wichtige Beispiele hierfür sind:
- Lebens- und Rentenversicherungen
Lebens- und Rentenversicherungen dienen der finanziellen Absicherung im Todesfall oder im Ruhestand. Sie sind oft Teil der betrieblichen Altersvorsorge und können mehrfach abgeschlossen werden, ohne dass eine Mehrfachversicherung im klassischen Sinne entsteht. Jedes Versicherungsvertragsverhältnis baut auf individuellen Vorsorgebedarfen auf.
- Unfallversicherung
Mehrere Unfallversicherungen können abgeschlossen werden, die im Schadensfall alle leisten. Dies kann sinnvoll sein, um die Versicherungssumme zu erhöhen oder unterschiedliche Leistungen verschiedener Policen zu kombinieren. Allerdings müssen Versicherungsnehmer darauf achten, dass sie bei Vertragsabschluss oder Schadenmeldung angeben, ob bereits weitere Versicherungen bestehen, um Vertragsverletzungen zu vermeiden.
- Berufsunfähigkeitsversicherung
Auch hier ist der Abschluss mehrerer Versicherungen erlaubt, die sich nicht gegenseitig beeinflussen. Dies kann besonders in Phasen hoher beruflicher Belastung oder bei Familiengründung sinnvoll sein, um den erhöhten Bedarf an Absicherung abzudecken.
Zusammenfassung
Mehrfachversicherung tritt auf, wenn mehrere Policen dasselbe Risiko abdecken und die Versicherungssummen den Wert des Objekts übersteigen. Im Schadensfall wird nur der tatsächliche Schaden ersetzt, wobei sich die Versicherer den Schaden teilen. Nach § 79 VVG kann unbeabsichtigte Mehrfachversicherung aufgelöst werden. Bewusste Mehrfachversicherung wird manchmal gewählt, um höhere Risiken abzusichern, kann aber zu Streitigkeiten führen. Oft entsteht Mehrfachversicherung unbeabsichtigt, beispielsweise durch Heirat oder Immobilienerwerb. Sie betrifft vor allem Hausrat-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen, während Summenversicherungen wie Lebens- oder Unfallversicherungen nicht unter Mehrfachversicherungen fallen.
Synonyme:
Doppelversicherung