Unter dem Begriff der Gefahrerhöhung versteht man im Versicherungsvertragsrecht eine Veränderung der Risikosituation, die zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens führt. Diese Gefahrerhöhung kann verschiedene Ursachen haben und betrifft sowohl den Versicherungsnehmer als auch den Versicherer.
Welche Arten von Gefahrerhöhungen gibt es?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen objektiven und subjektiven Gefahrerhöhungen.
- Eine objektive Gefahrerhöhung liegt vor, wenn sich die Sachlage des versicherten Risikos verändert, beispielsweise durch bauliche Veränderungen oder die Anschaffung neuer technischer Geräte.
- Eine subjektive Gefahrerhöhung hingegen betrifft das Verhalten des Versicherungsnehmers, beispielsweise wenn er bewusst oder fahrlässig Maßnahmen ergreift, die das Risiko eines Schadens erhöhen.
Welche Bedeutung hat die Gefahrerhöhung im Versicherungsvertragsrecht?
Die Gefahrerhöhung spielt im Versicherungsvertragsrecht eine wichtige Rolle, da sie Auswirkungen auf die Leistungspflicht des Versicherers haben kann. Gemäß den §§ 23 ff. des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) hat der Versicherungsnehmer eine Anzeigepflicht, das heißt er muss dem Versicherer alle Umstände mitteilen, die für die Einschätzung des Risikos relevant sind. Unter anderem zählt dazu auch die Gefahrerhöhung.
Welche Versicherungen können von einer Gefahrerhöhung betroffen sein?
Das Thema der Gefahrerhöhung betrifft verschiedene Versicherungen, die für den Schutz von Privatpersonen und Unternehmen vor unvorhergesehenen Risiken und Schäden zuständig sind:
- Hausratversicherung
Eine Hausratversicherung schützt persönliches Eigentum wie Möbel, Elektrogeräte und Schmuck gegen Schäden durch diverse Gefahren, einschließlich Feuer und Diebstahl. Bei Erhöhung des Risikos, etwa durch den Erwerb teurerer Gegenstände oder bei einem Umzug in eine unsichere Gegend, kann sich der Versicherungsschutz ändern.
- Gebäudeversicherung
Die Gebäudeversicherung schützt feste Bestandteile eines Gebäudes gegen Schäden durch diverse Gefahren. Eine Risikoerhöhung kann durch Umbauten oder Änderung der Nutzung, wie den Wechsel von privat zu gewerblich, entstehen und beeinflusst die Versicherung.
- Haftpflichtversicherung
Eine Haftpflichtversicherung deckt Schäden ab, die man anderen fahrlässig zufügt. Steigt das Risiko für Schäden, spricht man von einer Gefahrerhöhung. Dies kann z. B. durch neue Hobbys mit höherem Risiko geschehen.
- Kfz-Versicherung
Die Kfz-Versicherung schützt Fahrzeughalter vor Schäden durch den Fahrzeugbetrieb. Eine Risikoerhöhung tritt auf, wenn sich die Nutzung des Fahrzeugs ändert, etwa von privat zu geschäftlich, oder durch Tuning, welches die Schadensanfälligkeit erhöht.
- Betriebshaftpflichtversicherung
Die Betriebshaftpflichtversicherung schützt Firmen gegen Ansprüche Dritter bei fahrlässig verursachten Schäden. Eine Risikoerhöhung kann durch neue Produkte oder Dienstleistungen oder die Ausweitung der Geschäftsfelder entstehen, die ein höheres Risiko bergen.
- Berufshaftpflichtversicherung
Die Berufshaftpflichtversicherung bietet Schutz für Selbstständige und Freiberufler gegen Schadensersatzforderungen durch Fahrlässigkeit. Eine Risikoerhöhung kann passieren, wenn sich die Situation des Unternehmens verändert, wie bei neuen Dienstleistungen oder einem größeren Kundenkreis. Diese Veränderungen können ein höheres Risiko für Dritte bedeuten.
- Rechtsschutzversicherung
In der Rechtsschutzversicherung ist die Deckungssumme entscheidend, um die Kosten von Rechtsstreitigkeiten aufgrund erhöhter Risiken abzusichern. Eine Zunahme des Geschäftsrisikos, wie etwa durch Aufnahme neuer Tätigkeitsfelder oder Produkteinführungen, könnte die vorhandene Versicherungssumme unzureichend machen. Daher ist es wichtig, die Versicherung entsprechend anzupassen und sicherzustellen, dass sie adäquaten Schutz bietet.
- Unfallversicherung
In der Unfallversicherung ist die Berücksichtigung von erhöhten Risiken wichtig, um zu klären, ob die Versicherungssumme ausreichend ist, um die Kosten für durch neue Gefahren verursachte Unfälle zu decken. Bei Veränderungen, wie einer Erweiterung des Tätigkeitsfeldes oder der Einführung neuer Arbeitsmittel, kann es notwendig sein, die Versicherung anzupassen, um weiterhin ausreichend abgesichert zu sein.
Welche Konsequenzen hat eine nicht angezeigte Gefahrerhöhung?
Kommt der Versicherungsnehmer seiner Anzeigepflicht nicht nach und verschweigt eine Gefahrerhöhung, kann dies schwerwiegende Folgen haben. Im schlimmsten Fall kann der Versicherer den Versicherungsvertrag anfechten und die Leistungspflicht verweigern. Auch eine Kündigung des Vertrages ist möglich. Dies liegt daran, dass der Versicherer bei Kenntnis der Gefahrerhöhung möglicherweise einen höheren Beitrag verlangt oder den Vertrag gar nicht erst abgeschlossen hätte.
Wie kann eine Gefahrerhöhung vermieden werden?
Um eine Gefahrerhöhung zu vermeiden, ist es wichtig, dass der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht ernst nimmt und alle relevanten Umstände wahrheitsgemäß und vollständig mitteilt. Auch während der Vertragslaufzeit sollte der Versicherungsnehmer den Versicherer über Veränderungen informieren, die zu einer Gefahrerhöhung führen könnten. Dies kann beispielsweise der Einbau einer neuen Heizungsanlage oder die Anschaffung eines Pools sein.
Wie reagiert der Versicherer auf eine angezeigte Gefahrerhöhung?
Wenn der Versicherungsnehmer eine Gefahrerhöhung anzeigt, hat der Versicherer verschiedene Möglichkeiten zu reagieren. In der Regel wird er eine Risikoprüfung durchführen und gegebenenfalls den Versicherungsvertrag anpassen. Dies kann beispielsweise eine Erhöhung des Beitrags oder die Einschränkung des Versicherungsschutzes betreffen. In manchen Fällen kann der Versicherer auch eine ablehnende Haltung einnehmen und den Vertrag kündigen.
Welche Rolle spielt die Gefahrerhöhung bei der Schadenregulierung?
Auch bei der Schadenregulierung kann die Gefahrerhöhung eine Rolle spielen. Wenn der Versicherungsnehmer eine Gefahrerhöhung nicht angezeigt hat, kann der Versicherer die Leistung verweigern oder zumindest kürzen. Dies gilt jedoch nur, wenn die Gefahrerhöhung ursächlich für den Schaden war. Ist dies nicht der Fall, muss der Versicherer den Schaden trotzdem regulieren.
Wie kann eine Gefahrerhöhung im Schadensfall nachgewiesen werden?
Um eine Gefahrerhöhung im Schadensfall nachzuweisen, ist der Versicherer in der Regel auf die Angaben des Versicherungsnehmers angewiesen. Hat dieser die Gefahrerhöhung nicht angezeigt, kann es schwierig werden, den Nachweis zu erbringen. In manchen Fällen kann der Versicherer auch einen Gutachter beauftragen, um die Ursache des Schadens und mögliche Gefahrerhöhungen zu untersuchen.
Zusammenfassung
Im Versicherungsrecht bezeichnet "Gefahrerhöhung" Veränderungen, die das Schadensrisiko erhöhen. Es gibt objektive (z.B. bauliche Veränderungen) und subjektive Gefahrerhöhungen (z.B. riskantes Verhalten des Versicherungsnehmers). Versicherungsnehmer sind verpflichtet, solche Risikoänderungen dem Versicherer zu melden, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Bei Nichtmeldung kann der Versicherer Leistungen kürzen oder den Vertrag kündigen. Versicherungen passen meist den Vertrag nach einer gemeldeten Gefahrerhöhung an, was Beitragserhöhungen oder Leistungseinschränkungen bedeuten kann.
Synonyme:
Gefahrenerhöhung,Risikoerhöhung